"Die Krise kostet uns viel Kraft"
Awo Mitte kämpft ums soziale Überleben, doch der Zusammenhalt ist groß
Vereine sind sozialer Treffpunkt, Beratungsstelle, Trainingsort und Freizeitfüller. Doch in der Krise fällt es schwer, vereint zu sein. Wie man trotzdem zusammenhält, davon berichtet Manfred Nowak, Vorsitzender der Awo Mitte und Bundesverdienstkreuzträger.
Seit 25 Jahren treffen sich die Hobbymusiker von „Trock'n' Roll“ zum Oldies schmettern und Schlager singen. Doch dann kam die Pandemie. Keine Proben mehr, keine Auftritte. Alles abgesagt. Genau wie die Kegelrunden und Bingonachmittage, die Kaffeetafeln und Tanzabende, der Nostalgiestammtisch und der Preisskat, die Gymnastikkurse und das Yoga. All das, was vereint und den Kreisverband der Arbeiterwohlfahrt (Awo) Mitte zusammenhält, brach plötzlich weg. Zurück blieb eine schmerzhafte Lücke, vor allem für die Älteren, sagt Manfred Nowak. „Denn für viele sind unsere Angebote der einzige soziale Kontakt. Und den kann kein Telefon ersetzen.“ Was droht, sind Einsamkeit, Isolation, negative Stimmung. „Je länger die Krise dauert, desto schwieriger wird es“, befürchtet Manfred Nowak. „Corona mutet uns allen ungeahnte Belastungen und Einränkungen zu. Das spüren wir tagtäglich.“
In der Awo Mitte, deren Kreisverbandschef Nowak ist, kämpfen sie in Corona-Zeiten ums Überleben, vor allem um das soziale. Schuldnerberatung, Rechtsberatung, Rentenberatung, Mieterberatung – alles runtergefahren. Der gerade erst wiedereröffnete Awo-Laden „Second Hemd“ an der Prinzenstraße – geschlossen. Tagespflege Sommergarten – nur Notbetreuung. Besuchs- und Begleitdienst – nur mit Maske. Kindergärten: vorübergehende Schließungen. Freizeitreffs: zu. Und so geht es weiter. Was funktionieren muss, sind die zwei Kältehilfe- Einrichtungen und die neue Notunterkunft für Frauen. Eine zweite baut die Awo gerade aus, weil der Bedarf in der Krise hoch ist. „Auch das kostet uns viel Kraft“, sagt Nowak.
40 Einrichtungen sind es insgesamt, die die Awo Mitte mit 480 Mitarbeitern betreibt. Hinzu kommen 1300 Frauen und Männer aus den Mitgliederorganisationen und die vielen Ehrenamtlichen. Deren Einsatz ist es, den der Awo-Chef nicht hoch genug schätzen kann. „Das gilt ganz besonders für die Arbeit in den Flüchtlingsunterkünften, wo das Zusammenleben vieler Menschen auf engem Raum großes Ansteckungspotenzial birgt, mit allen Konsequenzen und hoher Belastung für unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.“ Strenge Hygienekonzepte und entsprechende Schutzausstattung sollen die Gefahr minimieren.
Solidarität und Verständnis
für notwendige Maßnahmen
In der Pandemie hat sich trotz der Belastung für das Zusammensein und der großen Sorge aber noch etwas anderes offenbart. „Ja, es ist schmerzhaft, dass die persönlichen Treffen und Veranstaltungen im Moment nicht oder nur stark eingeschränkt stattfinden können“, sagt Manfred Nowak. „Aber die vergangenen Monate haben gezeigt, dass der Zusammenhalt in unserem Kreisverband groß ist.“ Die Solidarität und das Verständnis für notwendige Maßnahmen legten hierfür „ein eindrucksvolles Zeugnis ab“. Außerdem habe die Krise erneut bewiesen, wie sehr die Menschen voneinander abhängig seien und als soziale Wesen ein großes Bedürfnis nach Nähe, Austausch und Miteinander hätten. „Mit diesen Erfahrungen können wir als Wohlfahrtsverband mit einer noch stärkeren Gemeinwohlorientierung ins neue Jahr gehen. Das ist mein Wunsch“, macht Nowak Mut.
Als Dankeschön an alle Ehrenamtlichen werden im Awo-Kreisverband gerade fleißig Weihnachtspäckchen gepackt. Mit Geld aus dem Bezirksamt. Das wird jedes Jahr eigentlich für die Weihnachtsfeiern der Awo-Abteilungen ausgegeben. Aber die fallen diesmal ja aus.
Autor:Ulrike Kiefert aus Mitte |
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