Im Notfall guckt der Teledoktor
Charité-Projekt „Stay@Home – Treat@Home“ erhält Gesundheitspreis „Ideas for Impact“
Durch digitale Vernetzung und Anbindung aller Beteiligten wie Pfleger, Angehörige und Ärzte sollen Patienten mit Pflegestufe optimal rund um die Uhr zu Hause betreut und Krankenhausaufnahmen, wenn möglich, vermieden werden. Für das Versorgungsnetzwerk „Stay@Home – Treat@Home“ erhielt die Charité-Projektgruppe den Gesundheitspreis „Ideas for Impact“.
Die mit 100.000 Euro dotierte Auszeichnung wurde vom „Bosch Health Campus“ im Namen der Robert-Bosch-Stiftung verliehen. Seit Oktober 2022 untersucht die Charité mit 1500 ambulanten Pflegebedürftigen, wie sich das STH-Konzept auf die Anzahl von Notfalleinsätzen und Krankenhausaufenthalten sowie auf Behandlungskosten und Lebensqualität auswirkt. Die mit neun Millionen Euro vom Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesausschusses aus Krankenhausgesellschaft, Kassenärztlichen Bundesvereinigungen und Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenkassen geförderte Studie läuft noch bis Ende 2026.
Ziel ist es, Pflegebedürftige durch ein telemedizinisches Netzwerk zu Hause rund im die Uhr zu betreuen. Hausärzte, Pfleger, Angehörige, Nachbarn und Ehrenamtliche können so sich anbahnende akute Verschlechterungen des Gesundheitszustandes schneller erkennen, gesundheitliche Notfälle und Krankenhauseinweisungen vermeiden, so die Idee des Projekts. Herzstück ist ein digitales interaktives Gesundheitstagebuch (DiG). In der Online-Akte sind alle Daten und Informationen über den Patienten enthalten wie zum Beispiel Medikationspläne, Allergien und aktuelle Diagnosen. Im DiG finden Ärzte, Betreuer und Angehörige auch Notfallkontakte und Patientenverfügungen. Pfleger können Vitalwerte und Beobachtungen dokumentieren. Der Hausarzt erhält so einen aktuellen Überblick zum Gesundheitszustand und kann mit den Patienten über das System kommunizieren.
Wird akut Hilfe benötigt, können am STH-Programm angemeldete Patienten und Helfer eine Beratungsstelle anrufen. An der Hotline wird entschieden, was am besten zu tun ist. Patienten erhalten rund um die Uhr eine ärztliche Beratung. Bei Bedarf werden weitere Akteure wie Pflegedienste oder der Kassenärztliche Bereitschaftsdienst in die Spur geschickt. Ärzte können sich auch im Akutfall außerhalb der hausärztlichen Sprechzeiten den Patienten per Video anschauen und mit ihm weitere Maßnahmen besprechen. Dazu sind Spezialisten der Zentralen Notaufnahme am Charité-Campus „Benjamin Franklin“ telemedizinisch an das System angeschlossen.
Diese kontinuierliche Überwachung und Betreuung ermöglicht eine frühzeitige Intervention bei gesundheitlichen Problemen, bevor sie zu schwerwiegenden Komplikationen führen. Mögliche Krankenhausaufenthalte lassen sich so reduzieren. „Das Konzept entlastet nicht nur unser medizinisches Versorgungssystem, sondern erhöht auch die Lebensqualität der Patientinnen und Patienten“, sagt Professor Mark Dominik Alscher, Geschäftsführer des „Bosch Health Campus“. „Die Auszeichnung ist eine Bestätigung für unsere Arbeit und ein zusätzlicher Ansporn, die Bemühungen um eine verbesserte Gesundheitsversorgung weiter voranzutreiben“, erklären die beiden Projektleiter, Professor Rajan Somasundaram, ärztlicher Leiter der Zentralen Notaufnahme am Benjamin-Franklin-Campus, und Professor Nils Lahmann von der Klinik für Geriatrie und Altersmedizin der Charité.
Die sechsköpfige Jury lobte besonders die ganzheitliche Herangehensweise des STH-Projekts. Um es bekannter zu machen und „Nachahmerinnen und Nachahmer zu finden“, wie es heißt, stellt der „Bosch Health Campus“ weitere 80.000 Euro bereit.
Weitere Informationen gibt es im Internet unter www.sth-berlin.org.
Autor:Dirk Jericho aus Mitte |
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