Vorgärten, Vorgartenpaten und Mitmenschen
Ein Hobby mit Frustpotential

Eines Tages fand sich das auf dem Rasen. Es machte doch etwas nachdenklich.  | Foto: Jörg Simon
  • Eines Tages fand sich das auf dem Rasen. Es machte doch etwas nachdenklich.
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Herr G., so nenne ich ihn in diesem Artikel, hat ein Hobby. Das Hobby wird zum Ärgernis. Er bat mich, darüber einen kleinen Artikel zu schreiben. Herr G. wohnt seit vielen Jahren in einer genossenschaftlichen Wohnung in der Luisenstadt Mitte. Er ist nicht mehr der Jüngste und auch nicht gesund. Ihn störte, wie es im Umfeld seines Hauses aussah. Da war eine Wiese, der Rasen zu einem Teil einem Trampelpfad gewichen, die Sträucher unansehnlich. Jedenfalls kaufte er Pflanzen, Werkzeug, Erde und was so alles dazugehört. Auf eigene Rechnung und der Genehmigung, dass er machen darf, was er da macht. Genossenschaftliche Grundstücke, die sonst von einer Gärtnerei gepflegt werden. Es gibt einige Genossenschaftler, die so etwas machen. Alle Genossenschafter sparen damit Nebenkosten und haben schöne Vorgärten, die im Sommer voller blühender Pflanzen sind. 

Jedenfalls hat er aus einer grauen Fläche eine grüne Wiese gemacht, die Sträucher zurückgeschnitten, Gras nachgesät. Vieles blüht in den beiden Vorgärten, die er auch pflegt. 

Doch leider hat er mit seinem Hobby ein paar Probleme. Zwar hat er mit Seilen einiges abgesperrt, auch ein paar Zäunchen gesetzt und mit vielen Leuten gesprochen. Manchmal wurden die Gespräche sehr laut, einer wollte ihn verprügeln, als er darum bat, nicht über frisch gesätes Gras zu laufen. Beleidigungen sind völlig normal. Eins Tages waren alle Zäunchen aus dem Boden gerissen und in die Ecken geworfen, Metall- und Holzstäbe umgetreten, verbogen, zerbrochen. Immer wieder erneuerte er alles. Erstattete Anzeige wegen Sachbeschädigung. Zwischen den Pflanzen findet er Schuhabdrücke und Spuren von Fahrradreifen und Kinderwagen. 

Eine Hundehalterin bat er, ihren Hund von den Pflanzen fernzuhalten. Noch während des Gesprächs lief der sehr große Hund über die frisch gepflanzten Primeln. Sie lehnte ab. Er hat immer wieder Hundekot und Tüten mit Kot in den Vorgärten und auf der Rasenfläche. Abfall sowieso. Manche Leute urinieren in die Vorgärten. Ein Nachbar lässt - wie viele andere - seinen Hund auf die jungen Pflanzen pinkeln. Der Schaden aus von Urin zerfressenen Pflanzen ist groß. 

Herr G. bekommt - vor allem von den älteren Genossenschaftern - einiges an Zuspruch. Viele äußern, wie schön es wäre. Andere schimpfen, weil er die Pflanzen, die Bäume und den Rasen im Sommer bewässert hat. Andere beschweren sich über ihn beim Hausmeister, tuscheln, erklären ihn für verrückt. Andere meinen, so was geht in Berlin halt nicht. Da sei es normal, dass alles schmuddelig ist. 

Bei seiner Arbeit hat er auf einem Gehweg von dem er aus arbeitet, immer wieder Radfahrer im Rücken. Es stört ihn. Für ihn ist es gefährlich, sein Rücken ist kaputt. 

Heute Abend hat er wieder einen 60l-Sack Müll aufgesammelt, den Müllplatz aufgeräumt (Müllsäcke gehören halt für manche nicht in sondern neben die Tonne) und ein wenig gehakt. Laub beseitigt auf dem öffentlichen Gehweg, damit niemand ausrutscht auf Kastanien oder Laub. Auch dafür sind ihm Ältere dankbar, brauchen sie doch keine Angst zu haben, dort zu fallen. Während er das machte liefen 8 Personen über die eine Fläche, viele reagierten voller Unverständnis, behaupteten es nicht gesehen zu haben. Einer wurde unflätig. Herr G. ist enttäuscht. Er zweifelt an den Menschen, die keine Achtung vor dem Eigentum anderer haben. Die mit der Natur in dieser Stadt so übel umgehen, denen es scheinbar völlig egal ist, was sie da zertreten. Manchmal spürt er den Spot, wenn er mit seiner Greifzange den Müll aufsammelt. Das kommt dann noch zum Ekel dazu.  

Mittlerweile überlegt er, aufzuhören. Es hat keinen Sinn, sich bedrohen und beschimpfen zu lassen und ständig wieder zu reparieren, viel Geld auszugeben. Und in ein paar Wochen wäre da wieder ein breiter Trampelpfad.

Viele behaupten, so umweltbewusst zu sein, gehen im Biomarkt einkaufen, fahren mit dem Fahrrad. Schimpfen auf Autofahrer. Doch was ist daran glaubwürdig? Wie oft sehe ich, wie über Rasenflächen mit dem Fahrrad gefahren wird. Fußgänger über den Rasen laufen, statt den Gehweg zu benutzen. Müll wird großzügig überall verteilt. 

Häufig sind es jüngere Personen, die sich so verhalten. Manche haben Kinder dabei. Was bringen sie den Kindern bei? Achtung vor den Mitmenschen und der Natur? Der Arbeit und dem Eigentum anderer? Wie wird mit unseren Parkanlagen umgegangen? 

Vielleicht liest der eine oder andere ja diesen Artikel und denkt mal über sein Verhalten nach. Herr G. würde es sich wünschen. Und vielleicht finden sich ja auch Leute, die sich in ihrem Wohnumfeld auch engagieren. Den Rasenlatschern, Gehwegradlern und Wildpinklern die rote Karte zeigen. Unsere Stadt braucht dieses Engagement. Für eine lebenswerte Zukunft.

Autor:

Jörg Simon aus Mitte

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