Der Kitt der Gesellschaft
Freiwilligenagenturen und Senatskanzlei wollen ehrenamtliches Engagement sichtbarer machen
Fast jeder dritte Berliner engagiert sich in seiner Freizeit freiwillig, geht mit Senioren spazieren oder hilft zum Beispiel bei Flüchtlings- oder Umweltprojekten. Mit der Kampagne #freiwilligInBerlin wollen die zwölf Freiwilligenagenturen und die Senatskanzlei das große Engagement jetzt noch sichtbarer machen.
Gerade in den Corona-Zeiten sind die Helfer richtige Engel, die Senioren den Einkauf bringen oder mit ihrem Hund Gassi gehen. Die Freiwilligenagentur Mitte in der Fabrik Osloer Straße hat sogar extra eine „Hilf Jetzt“-Hotline eingerichtet, bei der sich Engagierte, die Zeit für andere haben, melden konnten. 900 Helfer hat Agenturleiter Benjamin Vrucak registriert. Hilfe vor allem für Senioren, die wegen Corona nicht rauskonnten, konnte so vermittelt werden.
Wie dicht Helfer und Hilfesuchende manchmal zusammen sind, zeigt folgendes Beispiel. „Eine ältere Dame hat unser Plakat gesehen und angerufen. Sie hat sich aus Angst vor Ansteckung nicht getraut, ihre Medikamente abzuholen“, so Vrucak. Bei seiner Recherche in der Ehrenamtsdatenbank fand er einen registrierten Freiwilligen, der nur drei Etagen drüber im selben Hochhaus auf der Fischerinsel wohnte. Der Student kümmert sich nun weiter um seine vorher unbekannte Nachbarin.
Es sind vor allem junge Menschen, die sich ehrenamtlich engagieren möchten. 60 Prozent der Helfer, die sich in der Freiwilligenagentur Mitte beraten und vermitteln lassen, sind Frauen, sagt Benjamin Vrucak. Über 200 Partner wie Projekte, Vereine oder Einrichtungen stehen in seiner Datenbank – von der Krippe bis zum Hospiz. Die Freiwilligenagenturen beraten und vermitteln und bringen die zusammen, die zusammenpassen. Denn nicht jeder, der etwas ehrenamtlich machen möchte, ist für jedes Projekt geeignet. Manche Projekte suchen Betreuer für die Hausaufgabenhilfe, andere wie Sportvereine zum Beispiel ehrenamtliche Co-Trainer. Besuchsdienste für Senioren sind immer gefragt, und bei jungen Leuten stehen auch Flüchtlingsinitiativen hoch im Kurs.
Gut für die Bewerbung
Es sieht natürlich auch gut aus, wenn man bei Bewerbungen in seinem Lebenslauf durch ein Ehrenamt auf sein soziales Engagement verweisen kann. Auch ein Motiv der hohen Nachfrage nach Ehrenamtsjobs. Die zweite große Gruppe der Freiwilligen sind Menschen über 60, die sich nach dem Berufsleben nützlich machen möchten und zum Beispiel Nachhilfe in Nachbarschaftszentren geben.
Feier mit Konfettiregen
Wie groß das Engagement der Berliner ist, darauf haben die Freiwilligenagenturen am Sonntag, 4. Juli, mit einer Aktion vor dem Brandenburger Tor aufmerksam gemacht. Laut einer repräsentativen Befragung engagiert sich nämlich jeder dritte Berliner. 2014 waren es fast 38 Prozent der über 14-Jährigen. Das sind 1,1 Millionen Menschen. Berlin habe mehr Freiwillige als Wohngebäude, Straßenlaternen oder BVG-Abonnenten, wie es in der neuen Kampagne der Senatskanzlei heißt. Mit dem Hashtag #freiwilligInBerlin machen die Freiwilligenagenturen in den Sozialen Medien auf die „kuriosen und bemerkenswerten Zahlen“ aufmerksam. „Dieses Engagement hält unsere Gesellschaft zusammen. Aber es ist nicht immer sichtbar“, heißt es.
„Nachdem die schwersten Monate der Pandemie nun hoffentlich hinter uns liegen, haben wir im Jahr 2021 als Europäische Freiwilligenhauptstadt allen Grund, hoffnungsvoll und zuversichtlich nach vorn zu schauen. Lasst uns bereits jetzt die Zukunft Berlins nach der Pandemie mit ganz viel Engagement gemeinsam gestalten“, sagte Sawsan Chebli, Staatssekretärin für bürgerschaftliches Engagement, zum Kampagnenstart.
Der Bezirk Mitte spendiert Freiwilligen ab September sogar als Belohnung für ihr Engagement kostenlose Zeitmanagement-, Yoga- oder Antistresskurse an der Volkshochschule. Denn helfen kann auch anstrengend sein.
Eine Übersicht über alle Freiwilligenagenturen sowie weitere Informationen zum Ehrenamt gibt es auf www.berlin.de/buergeraktiv/freiwilligenagenturen.
Autor:Dirk Jericho aus Mitte |
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