Wirtshaus wird Wärmestube
Senat mietet das Hofbräu an der Karl-Liebknecht-Straße als Kältehilfe-Einrichtung für Obdachlose an
Das Hofbräu Wirtshaus Berlin, Karl-Liebknecht-Straße 30, wird Tagesunterkunft für Hunderte Obdachlose. Der Senat mietet im Rahmen der Kältehilfe die Hallen für die Versorgung der Ärmsten.
Im Dezember kocht normalerweise die Stimmung im Berliner Hofbräu am Alex. Bis zu 2500 Gäste drängen sich auf zwei Etagen, lassen sich von Kellnern in echter Tracht bayrische Schmankerl servieren und stoßen mit einer Maß Bier an. Ohne Reservierung ist gerade im Winter schwer reinzukommen. Momentan sind die langen Holzbankreihen jedoch leer. Die Köche brutzeln wegen Corona nur noch für Lieferdienste und Selbstabholer.
In den kommenden Tagen soll das Hofbräu am Alex Tagesstätte für frierende Obdachlose werden. Der Senat hat es angemietet, um ihnen einen Ort zum Aufwärmen zu geben, wo sie auch kostenlos eine warme Mahlzeit und heiße Getränke bekommen. Geplant ist auch eine Sozialberatung. Vorerst sollen bis zu 150 Gäste montags bis freitags von 10 bis 16 Uhr betreut werden. Bei Bedarf ist auch eine Ausweitung auf sieben Tage möglich, sagt Stefan Strauß, Sprecher von Sozialsenatorin Elke Breitenbach (Die Linke). Für Strauß ist der Biertempel dafür bestens geeignet, weil er zentral gelegen ist und große Toilettenbereiche hat, sodass sich die Obdachlosen nicht zu nahe kommen. Die Idee, das Hofbräu zur Wärmestube zu machen, hatte ein Mitarbeiter des Brauhauses, der sich neben seinem Job in der Kältehilfe-Einrichtung in der Storkower Straße 133a vom Sozialträger Gebewo engagiert. Das Hofbräu hat ein Konzept für die Obdachlosenbetreuung erarbeitet, um die leerstehenden Hallen sinnvoll zu nutzen und natürlich auch Einnahmen zu generieren. Weil bis Redaktionsschluss noch nicht alle Verträge unterschrieben waren, wollten sich die Hofbräu-Chefs noch nicht dazu äußern. Laut Stefan Strauß soll das Hofbräu ab der zweiten Dezemberwoche für Obdachlose öffnen.
Platzzahlen in den Tagesstätten wegen Corona reduziert
Die Tagesbetreuung von Obdachlosen ist in Pandemiezeiten deshalb wichtig, weil in den bestehenden Tagesstätten die Platzzahlen stark reduziert werden mussten. „Viele Obdachlose halten sich auch in Einkaufszentren auf. Das geht jetzt nicht mehr“, sagt Gebewo-Sprecherin Anna Lederle. Der Senat finanziert die zusätzlichen 24/7-Einrichtungen und Tagesaufenthalte mit acht bis zehn Millionen Euro bis zum Frühjahr. Neben den rund 1000 Notübernachtungsplätzen in der Kältehilfe hat der Senat weitere Angebote geschaffen. So wird die Kältehilfe-Einrichtung der Gebewo an der Storkower Straße zur Rund-um-die-Uhr-Bleibe. 100 Menschen können die ehemaligen Büros auf fünf Etagen nutzen und bekommen eine Vollverpflegung. 30 Plätze für Frauen und Familien gibt es am Halleschen Ufer 30. Die Stiftung zur Förderung sozialer Dienste Berlin (FSD) betreibt das Haus vorerst bis 30. April.
In der bestehenden Quarantäne-Unterkunft der Stadtmission an der Lehrter Straße wird die Kapazität von bisher 16 Plätzen auf 120 Plätze erweitert. Damit Obdachlose auch mit Lebensmitteln versorgt werden können, werden ab 15. Dezember täglich 450 warme Mahlzeiten und 450 Lunchpakete angeboten. Darum kümmern sich die Mitglieder des Geflüchteten-Netzwerkes „Be An Engel“. Das Essen wird im Integrations-Restaurant „Kreuzberger Himmel“, Yorckstraße 89, gekocht. Bei Bedarf will der Senat weitere Einrichtungen in Betrieb nehmen.
Einmal am Tag ein Schnelltest
Mit der Schnelltest-Strategie sollen obdachlosen Besucher einmal am Tag getestet werde, die Betreuer einmal pro Woche. In sechs Kältehilfe-Einrichtungen übernehmen medizinisch geschulte Mitarbeiter von Hilfsorganisationen die Schnelltests. „In Zeiten von Corona klingt die Aufforderung, zu Hause zu bleiben, für obdachlose Menschen wie ein Hohn. Viele Orte, an denen sie sich tagsüber aufhalten konnten, sind jetzt pandemiebedingt geschlossen. Deshalb haben wir, mit der guten Erfahrung aus der ersten Pandemiewelle, erneut weitere 24/7-Einrichtungen für obdachlose Menschen eingerichtet“, sagt Sozialsenatorin Elke Breitenbach zu der Hilfsoffensive. „Wir alle tragen Verantwortung für die obdachlosen Menschen in unserer Stadt. Wir geben ihnen die Hilfe, die sie von uns brauchen.“
Autor:Dirk Jericho aus Mitte |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.