Mehr als ein Tamagotchi oder Android
Wissenschaftler suchen Senioren als Probanden für die Entwicklung eines interaktiven Objekts
Ein Team aus Produktdesignern, Programmierern und Wissenschaftlern vom Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) will mit weiteren Partnern einen „ToCaro“ – ein interaktives Objekt – entwickeln. Im ersten Schritt werden in Workshops Menschen über 65 befragt, was das „Ding“ sein und können soll.
Die Mutter zum Beispiel ist im Altenheim, die Angehörigen weit weg. Wie kann man trotz räumlicher Trennung Nähe herstellen und Emotionen teilen? Wie Momente der Verbundenheit schaffen, die über das Telefonieren oder Videotelefonieren hinausgehen? Dieser Frage gehen Forscher vom DFKI in den nächsten drei Jahren nach. Im vom Forschungsministerium geförderten Projekt „ToCaro“ wollen sie ein „interaktives Objekt“ entwickeln. Das „ToCaro“, wie es die Forscher nennen, solle Menschen trotz räumlicher Trennung vielfältig miteinander verbinden und dabei verschiedene Sinne ansprechen, heißt es.
„ToCaro“ sei dabei ein „abstrakter Begriff“, wie Hannah Fischer vom Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) sagt. Wie das „Ding“ mal aussehen wird, ist derzeit völlig offen, so die Produktdesignerin. Gestalt, Form, Material oder Funktionen sollen als erstes in Workshops erarbeitet werden. „Wir wollen das Objekt am Menschen designen“, so Fischer. Um die Bedürfnisse, Wünsche und Herausforderungen herauszufinden, werden in Berlin etwa 20 Probanden gesucht, die in der Zielgruppe der Nutzer sind und als über 65-Jährige den Forschern nützliche Hinweise liefern können. Geplant sind auch kurze Interviews. Am Ende sollen „idealtypische Prototypen“ stehen.
Das Objekt wird wahrscheinlich etwas mit textilen Strukturen sein. Vielleicht aus Stoff, Gummi oder mit Moos-Feeling. In einem „Fühl- und Interaktionsparcours“ sollen die Teilnehmer Materialien testen. Die Forscher beobachten die Reaktionen und analysieren, welche Emotionen welches Material hervorruft.
Über Signale wie Licht, Töne, Bewegung oder Vibrationen könnte man körperliche Nähe austauschen. Das „Ding“ könnte in der Küche der Kinder stehen und bei der Mutter im Altenheim blinken, wenn man an sie denkt. Oder man schaut über Distanzen hinweg gemeinsam Filme oder hört Musik mit dem „ToCaro“, nennt Hannah Fischer ein paar Beispiele. Wenn man jemanden drücken will, der weit weg ist, drückt man das „Ding“ und die Gefühle kommen beim anderen an: Durch künstliche Muskeln beult sich zum Beispiel ein Kissen ein. Das Stichwort ist hier smart tex – intelligente Textilien, die mit multisensorischen Anwendungen ausgestattet sind. Oder Wearables, am Körper getragene Minicomputer, die wie bei einer Smartwatch Herzfrequenz oder Blutdruck messen.
Das Projekt „ToCaro“, das das Leben auch in schwierigen Situationen besser machen soll, steht noch am Anfang. Es soll mehr sein als ein Androide, ein Roboter, der wie ein Mensch aussieht und sich ähnlich verhält. Und auch mehr als ein Tamagotchi, an dem man nach einer Weile die Lust verliert und es nicht mehr füttert.
Um sich dem „Ding“ weiter zu anzunähern, wollen die Forscher auch Pfleger, Betreuer und Therapeuten in Pflegeeinrichtungen interviewen. Auch dafür suchen sie Gesprächspartner. Die Workshops für die Ü65-Teilnehmer sind vom 25. September bis 13. Oktober im Berlin Open Lab im UdK-Gebäude am Einsteinufer 43 geplant. Sie dauern höchstens 60 Minuten und können auf Wunsch auch woanders stattfinden. Die Teilnehmer bekommen eine Aufwandsentschädigung in Form von 20-Euro-Gutscheinen. Wer Teil des Forschungsprojektes „ToCaro“ sein möchte: Weitere Informationen und Anmeldungen über die E-Mail-Kontakte hannah.fischer@dfki.de oder bodo.pahlke@dfki.de.
Autor:Dirk Jericho aus Mitte |
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