Austauschjahr lässt Heimat fremd erscheinen
Doch viele Jugendliche tun sich mit der Anpassung in der alten Heimat genauso schwer wie mit der Eingewöhnung im Ausland. "In Deutschland sind alle so direkt", erkannte Nina Liebe, als sie von einem zehnmonatigen Schüleraustausch in Japan wiederkam. "Irgendwie erschreckt einen das ein bisschen."
In der Schule gibt es zwei Szenarien, die sich auf das Wiedereinleben unterschiedlich auswirken können. Im ersten kommen die Austauschschüler zurück in ihren alten Klassenverbund. "Sie kommen dann mit dem Gefühl der weiten Welt zurück, diesem vielen Input, und sind erst einmal überrascht, dass zu Hause viel weniger passiert ist als bei ihnen selbst", beschreibt Uta Julia Schüler, Repräsentantin des Arbeitskreises gemeinnütziger Austauschorganisationen (AJA), diese Erfahrung.
Beim zweiten Szenario, in dem die Schüler in einen neuen Klassenverband zurückkommen, stehen sie vor der Frage: Wie teile ich meine Eindrücke mit, ohne mich aufzuspielen? Im Idealfall sehen Lehrer und Schüler die Erfahrungen als Mehrwert an und ermutigen den Heimkehrer, erläutert Schüler. Oft stoßen die Austauschschüler aber auch auf Neid oder Unverständnis.
Deshalb kann es den Heimkehrern helfen, mit Gleichgesinnten zu reden. In Nachbereitungskursen der Austauschorganisationen haben sie dazu Gelegenheit. Oder wenn sie als Ehrenamtliche angehende Austauschschüler auf deren Auslandsaufenthalt vorbereiten: Denn bei ihnen stoßen sie statt auf Desinteresse und Unverständnis auf große Neugier.
Beim Voltaire-Programm des Deutsch-Französischen-Jugendwerks (DFJW) haben die Teilnehmer quasi einen ganz individuellen Erzählpartner: Denn dort werden ein deutscher und ein französischer Schüler zusammengebracht und verbringen je sechs Monate in Deutschland und in Frankreich. So können sich die Partner sehr intensiv über die Erfahrungen austauschen, erzählt Yoann Joly-Müller vom DFJW.
Zu Hause in der Familie kann es in der ersten Zeit nach der Rückkehr ebenfalls ungewohnt sein. "Manche Kinder sagen: "Ich will wieder zurück ins Gastland"", beschreibt Constanze Baarlage von Travelworks. Die Organisation aus Münster gehört dem Dachverband Highschool an.
Sie rät in solchen Fällen, dass sich Eltern und Kinder Zeit geben, sich wieder aneinander zu gewöhnen. "Lassen Sie Ihr Kind reden und erzählen vom Gastland." Beobachteten sie bei ihrem Kind aber eine Anti-Haltung - nach dem Motto "Hier ist alles doof, im Gastland war es besser" - sollten sie es an alles Positive zu Hause erinnern.
Autor:Ratgeber-Redaktion aus Mitte |
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