Geschockte Fische
Bezirksamt Mitte lässt Engelbecken mit Strom abfischen

Im Engelbecken haben sich die Friedfische stark vermehrt. Jetzt wird das Becken abgefischt.  | Foto: Ulrike Kiefert
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Das Fischereiamt fischt jetzt Fische aus dem Engelbecken – mit elektrischem Strom. Danach werden die Tiere getötet. Alternative Methoden wurden geprüft, seien aber nicht sinnvoll, teilt das Bezirksamt mit. Von der Tierrechtsorganisation Peta kommt Protest.

Das Fischereiamt Berlin befischt im Auftrag des Bezirksamtes das übervolle Engelbecken. Nicht mit Netz oder Angel, sondern mit Elektroden. Elektrofischen nennt man diese Fangmethode. Dabei wird Gleichstrom durchs Wasser geleitet. Die Fische schwimmen auf die Elektrode zu, wo sie dann betäubt gekeschert werden können. Laut Bezirksamt werden die Fische anschließend abtransportiert und im Fischereiamt „unter Einhaltung der tierschutz- und fischereirechtlichen Bestimmungen“ getötet. So schreibt die Tierschutzschlachtverordnung unter anderem eine vorherige Betäubung vor.

Das Elektrofischen ist nicht unumstritten. Befürworter argumentieren, dass damit eine umweltschonendere Fischerei möglich sei. Das Elektrofischen gilt auch als gängige Methode für wissenschaftliche Untersuchungen von Fischbeständen, etwa, wenn Tiere gezählt werden müssen. Naturschutzorganisationen weisen hingegen daraufhin, dass Fische dabei immer wieder durch Stromschläge schwer verletzt werden.

„Ich verstehe, dass die geplanten notwendigen Maßnahmen auf Vorbehalte und Bedenken stoßen“, sagt Umweltstadträtin Sabine Weißler (Grüne). Über das Für und Wider sei im Vorfeld lange und intensiv mit Experten und Anliegern diskutiert worden. So Anfang März bei einer digitalen Inforunde mit Vertretern von Naturschutzverbänden, lokalen Initiativen und Vereinen, bei der laut Stadträtin ein Großteil der Teilnehmer Verständnis für diesen Schritt geäußert habe. Alternativen Methoden haben Bezirksamt und Fischereiamt geprüft. „Doch eine Nutzung der Fische als Nahrung für andere Tiere oder den Menschen ist wegen der Schadstoffbelastung nicht vertretbar“, so Weißler. Auch das Umsetzen der überwiegend nichtheimischen Fische aus dem Engelbecken in andere Gewässer sei aufgrund der „möglichen Auswirkungen auf das dortige ökologische Gleichgewicht nicht sinnvoll“. Das bestätigt auch das Fischereiamt. Wobei gefährdete Fischarten wie die Karausche (Schusterkarpfen) nach dem Fang nicht getötet, sondern wieder ausgesetzt werden, sagt Amtsleiter Jens Puchmüller.

Peta fordert tierfreundliche Lösung

Möglichst 400 Kilogramm Fisch will das Fischereiamt mit Elektroschocks aus dem Engelbecken holen. „Effektiver wäre das Zugnetz“, so Puchmüller. Weil das Engelbecken aber mehrere fest installierte Fontainen hat, ist diese Methode ungeeignet. Also wird vom Boot aus mit E-Keschern gefischt. Die haben einen Radius von vier Quadratmetern. Enten, Schwäne und die geschützten Schildkröten sollen dabei nicht zu Schaden kommen. „Sie werden von den Elektroden nicht angezogen.“ Die toten Fische wiederum lässt das Fischereiamt über einen zertifizierten Verwerter in der Biogasanlage entsorgen.

Protest kommt indes von Peta, Deutschlands größter Tierrechtsorganisation, die wiederholt mit radikalen Kampagnen auf sich aufmerksam macht. Sie fordert tierfreundliche Sanierungspläne für das Wasserbassin. „Das Engelbecken dient vielen unterschiedlichen Lebewesen als Zuhause. Aus diesem Grund müssen tierfreundliche Lösungen für das derzeitige Problem gesucht werden“, sagt Tanja Breining, Meeresbiologin und Fachreferentin für Wassertiere. „Statt Tausende Fische zu töten, sollten beispielsweise biologische Reinigungsarbeiten stattfinden und auf eine dauerhaft verbesserte Sauerstoffzufuhr hingearbeitet werden.“ Auch die unsachgemäße Fütterung von Wasservögeln – eine der Hauptursachen für die Zunahme des Fischbestandes im Engelbecken – müsse unterbunden werden. Außerdem betont Peta, „dass es sich bei Fischen um sehr soziale und kommunikative Wirbeltiere handelt“. Um sie zu töten, müsse es laut Tierschutzgesetz einen vernünftigen Grund geben. Den aber sieht Peta im Fall des Engelbeckens nicht gegeben.

Abfisch-Aktion soll wiederholt werden

Für das Bezirksamt ist es dagegen ein probates Mittel, um das ökologische Gleichgewicht wiederherzustellen. Denn das ist im Engelbecken seit vielen Jahren gestört, was auch ein Gutachten bestätigt hat. Demnach droht das Gewässer langfristig umzukippen. Dort leben auf knapp einem Hektar rund 1000 Kilogramm Fische, vor allem karpfenartige Friedfische, Plötzen, wenige Bleie, Giebel, Rotfedern und afrikanische Zwergwelse. Laut Gutachter stört neben der hohen Phosphat- und Bleibelastung auch das Ungleichgewicht von Raub- und Beutefischen die natürliche Balance im Engelbecken. Denn wegen der ständigen Fütterung haben sich die Tiere übermäßig vermehrt.

Nach der Abfisch-Aktion, die das Fischereiamt eventuell im Herbst wiederholen will, sollen im Engelbecken Raubfische in moderater Menge ausgesetzt werden, damit sich der Fischbestand wieder von selbst reguliert. Weitere im Gutachten vorgeschlagene Maßnahmen prüft das Bezirksamt gerade. Dazu gehören die Phosphatfällung und die Schlammentnahme, wodurch sich der hohe Nährstoffanteil im Wasser verringern soll.

Autor:

Ulrike Kiefert aus Mitte

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