Kein Obst aus der Schale
Neue Anlaufstelle für Umweltbildung nimmt ihre Arbeit auf
Mitte hat eine neue Anlaufstelle für Umweltbildungsangebote. Julia Friederike Brodersen leitet sie. Ihr Job: netzwerken, ausbauen, promoten und neue Projekte auf den Weg bringen.
Umweltstadtrat Christopher Schriner (Grüne) hat eine Vision. Berlin als Stadt, in der „das Natürliche wieder mehr Raum einnimmt“. In der Menschen Vogelstimmen erkennen und Blumen am Wegesrand. Am Alexanderplatz oder am Hauptbahnhof ist das zugegeben nicht ganz so einfach. Es ist aber keineswegs so, dass Mitte an Naturerlebnissen gar nichts zu bieten hat. Es gibt weitläufige Parks und Grünanlagen, urbane Gärten, das Schul-Umwelt-Zentrum (SUZ) und andere grüne Lernorte, die Lange Nacht der Stadtnatur, den Umweltkalender und den Umweltladen Mitte, die „Rallye durch den Park“ (Rehberge) und und und. Kurzum: „Wir haben unfassbar viele Angebote“. Das Problem sei, sagt Schriner, „sie sind nahezu unbekannt“. Nicht unbedingt in Schulen und Kitas, aber in vielen Familien, bei jungen Leuten und Senioren.
Die neue „Koordinierungsstelle für Natur-, Umwelt-, Klima und Nachhaltigkeitsbildung“ soll und will das ändern. Wie? Indem sie genau das macht, was in ihrem Namen steckt. Sie vernetzt alle Akteure der Umweltbildung im Bezirk, egal, ob es das Umwelt- und Naturschutzamt oder der Umweltladen Mitte ist, ob es Vereine und Initiativen, Museen, lokale Naturexperten oder ehrenamtlich Engagierte sind. Sie stellt den Kontakt zwischen Schulen und außerschulischen Lernorten her, entwickelt grüne Angebote weiter und bringt neue auf den Weg.
Naturliebhaberin und Schulgartenfan Julia Friederike Brodersen managt die neue Anlaufstelle für Umweltbildungsangebote. Die studierte Landwirtin, Öko-Agrarwissenschaftlerin und Umweltpädagogin bringt die nötige praktische Erfahrung mit, unter anderem aus Neukölln, wo Brodersen zwei Jahre in der dortigen Koordinierungsstelle gearbeitet hat. In Mitte ist die 34-Jährige jetzt seit genau einem Monat und zwei Tagen. „Das Allermeiste liegt also noch vor mir.“ Das Schul-Umwelt-Zentrum Mitte als einen von über 600 grünen Lernorten in Berlin hat Brodersen schon kennengelernt. Die Gartenarbeitsschule ist mit ihren drei Standorten nicht nur die größte in der Stadt, sie ist bei Schulen und Kitas auch äußerst beliebt. „Wir haben 40 000 Besucher im Jahr“, bestätigt Juliane Orsenne, pädagogische Leiterin. „Von der Kita bis zur Oberstufe.“ Im Monat sind es etwa 6000 Besucher.
Das SUZ braucht also nicht mehr allzuviel Werbung. Andere Angebote dagegen schon. Julia Friederike Brodersen will daher als erstes eine Website erstellen, die umweltpädagogische Inhalte bündelt und alle Lernorte der Stadtnatur in der Übersicht zeigt. Eine solche digitale Karte gibt es für ganz Berlin seit August. Für neue Projekte tauscht sich die Koordinatorin mit anderen Bezirken aus, um Best-Practice-Beispiele zu finden. Baumlehrpfade zum Beispiel. Oder Waldschulen.
Julia Friederike Brodersen wird aber auch Fort- und Weiterbildungen für Lehrer koordinieren, passende Förderprogramme suchen, die Öffentlichkeitsarbeit übernehmen und neue Stadtnaturerlebnisse planen und organisieren.
Träger der Koordinierungsstelle ist das Museum für Naturkunde, das auch die Anlaufstelle im Nachbarbezirk Reinickendorf betreibt. Das Museum ist mit seinen vielen Workshops in Naturwissenschaften, seinen Ausstellungen und Führungen für Kinder und Jugendliche ebenfalls ein grüner Lernort in der Stadt. Umweltbildung fängt am besten früh an. Das weiß nicht nur Astrid Faber, die im Museum den Bereich Bildung leitet, sondern auch Mittes Schulstadtrat Benjamin Fritz (CDU). „Manche Kinder lernen erst hier im Schulumweltzentrum, dass das Obst nicht aus der Plastikschale kommt.“ Je mehr gute Angebote es also gebe, desto mehr Möglichkeiten hätten Kinder und Jugendliche, ihr Fachwissen in den MINT-Fächern mitten in der Stadtnatur zu erweitern. Das SUZ ist mit seiner Expertise daher genau wie das Naturkunde-Museum ein wichtiger Kooperationspartner für Julia Friederike Brodersen.
Auf den Weg gebracht hat die Koordinierungsstelle Schriners Vorgängerin Almut Neumann. Bis Anfang dieses Jahres konnte man sich mit einer Projektskizze bei Magdalena Adamczyk-Lewoczko im Umwelt- und Naturschutzamt bewerben. Mitte ist der letzte Berliner Bezirk, der diese Koordinierungsstelle hat. Man habe sich Zeit nehmen wollen, sagt Arne Besancon, Leiter vom Umwelt und Naturschutzamt. „Das kann man nicht nebenbei machen.“ Dafür hat Mitte als einziger Bezirk bald einen Aktionsfonds, der kleinere Umweltbildungsaktionen finanziert. Dazu gehören Parkführungen, Clean-ups und Zero-Waste-Picknicks. Solche Aktionen sollen mithelfen, das Müllproblem in Mitte zu reduzieren. Und Julia Friederike Brodersen? Sie stürzt sich jetzt in die Arbeit. Denn das Meiste liegt noch vor ihr.
Autor:Ulrike Kiefert aus Mitte |
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