Ausflugsdampfer stinken weiter
Reedereien zeigen kaum Interesse an neuem Förderprogramm für saubere Fahrgastschiffe
Der Senat will mit einem neuen Förderprogramm „die Reedereien bei der Umstellung ihrer Flotten auf saubere und klimafreundliche Fahrgastschiffe“ unterstützen, wie es heißt. Doch Interesse an den teuren Umrüstungen hat kaum jemand.
Die großen Touristendampfer blubbern schwarze Rußwolken raus, stinken bei laufendem Schiffsmotor vor allem am Ufer. Laut Untersuchungen der Senatsumweltverwaltung „tragen Fahrgastschiffe in Ufernähe merklich zur Belastung durch Rußpartikel und Stickstoffdioxid bei“. Der Senat will das mit dem neuen Förderprogramm ändern. Bis Ende 2023 stehen insgesamt 900 000 Euro bereit.
Während Dieselautos ohne Rußfilter schon seit 15 Jahren nicht in die Umweltzone dürfen, gibt es auf den Bundeswasserstraßen solche Regelungen für den Schiffsverkehr nicht. Dieselschiffe tuckern weiter durch die City. Schon vor zehn Jahren hatte die damalige Umweltsenatorin Katrin Lompscher (Die Linke) den Einbau von Rußfiltern auf drei Testschiffen der größten Reederei Berlins, der Stern und Kreisschiffahrt, gefördert. Viel passiert ist seitdem nicht. Denn Nachrüstungen mit Abgasfiltern oder gar Umrüstungen auf Elektromotoren kosten trotz der Förderung mit bis zu 80 Prozent der Kosten viel Geld. Investitionen, die sich gerade nach den schweren Corona-Jahren kaum ein Reeder leisten will.
2021 waren es vier Anträge
Wie Constanze Siedenburg von der Senatsumweltverwaltung bestätigt, gibt es auch Wochen nach der Neuauflage des Förderprogramms erst einen Antrag für die „Umrüstung auf batterie-elektrischen Antrieb für ein Fahrgastboot“. Außerdem gebe es einen weiteren Interessenten, sagt Siedenburg. In der ersten Förderrunde 2021 gab es vier Anträge, von denen zwei positiv beschieden werden konnten.
Von den über 100 Fahrgastsschiffen in Berlin sind laut Senatsumweltverwaltung derzeit lediglich sieben mit Partikelfiltern ausgerüstet. Hinzukommt eine mit Dieselmotor betriebene BVG-Fähre, die ebenfalls eine Rußfilter hat. Von den 31 Schiffen der Stern und Kreisschiffahrt hätten fünf einen Dieselfilter, wie Geschäftsführer Andreas Behrens sagt. Stern und Kreis lässt derzeit seine beiden Ausflugsschiffe „Poseidon“ und „Kreis“ in der Werft von Dieselmotor auf Elektroantrieb umbauen. Zwei weitere Schiffe – „Nofretete“ und „Pergamon“ – befänden sich gerade in der Ausschreibung, so Behrens. Die Kosten für die Umrüstung auf Elektromotoren fördert dabei das Bundesverkehrsministerium mit 90 Prozent.
Für größere Fahrgastschiffe über 100 Personen rechnet sich ein reiner Elektromotor nicht. Die Batteriekapazitäten und Kosten stehen in keinem Verhältnis zur Schiffsgröße. „Eine Umrüstung auf einen rein batterie-elektrischen Antrieb für große Fahrgastschiffe ist kaum wirtschaftlich leistbar“, weiß auch der Senat. In einem Pilotprojekt soll jetzt erstmals die Umrüstung auf Hybrid-Antrieb gefördert werden. Bei der Potsdamer Weißen Flotte rauscht schon das MS „Schwielowsee“ lautlos mit Hybridantrieb durchs Wasser. Stern-und-Kreis-Geschäftsführer Andreas Behrens will die erstmalige Hybrid-Förderung vom Senat jetzt genau prüfen. Er habe sich der Elektromobilität verschrieben und will zukünftig eventuell weitere Schiffe umrüsten.
Seit 2020 betreibt die Stern und Kreis auch zwei Solarschiffe. Die Katamarane mit Solardach können bis zu 14 Stunden fahren, bevor sie über Nacht im Hafen an die Steckdose müssen. Außerdem gibt es in Berlin mit der „Heidelberg“ der Reederei Fangrot und der „Fitzgerald“ der Reederei LYC Lindner Yachtcharter zwei weitere Fahrgastschiffe mit reinem Elektroantrieb. Die kleinen Charterschiffe für jeweils etwa 30 Personen wurden 2021 umgerüstet und vom Senat mit jeweils knapp 160 000 Euro gefördert. Auf den Gewässern sind zudem die kleineren Solar-Katamarane SunCat 58 und SunCat 46 der Firma Solarwaterworld unterwegs. Wie Bettina Jaraschs Sprecherin Constanze Siedenburg sagt, fahren außerdem seit 2014 elektrisch angetriebene BVG-Fähren auf den Linien F11, F12, F21 und F23.
Besser für Schulsanierungen
Für Holger Jackisch rechnen sich die Umrüstungen nur mit Subventionen, „wirtschaftlich macht das noch keinen Sinn“, sagt der Unternehmer, der 2019 gemeinsam mit seinem Geschäftspartner Uwe Fabich kurz vor der Pandemie die zweitgrößte Berliner Reederei, die Reederei Riedel, gekauft hat. Derzeit sind nur drei der 16 Riedel-Schiffe unterwegs. Die Schiffsmotoren seien hocheffizient, fahren mit Biodiesel und verbrauchen weniger als ein Oldtimerauto, so Jackisch. „Wir haben nichts gegen Elektro und sind für alles offen“, sagt der Schiffseigner. „Aber Dinge tun, nur um Fördergelder zu bekommen, machen wir nicht.“ So würden er und Fabich das auch bei ihren Investitionsobjekten wie dem Wasserturm am Ostkreuz oder dem ehemaligen DDR-Funkhaus in Oberschöneweide handhaben. „Das wäre fehlgeleitetes Geld in unserem Fall“, sagt Holger Jackisch zum Förderprogramm. Der Senat solle das Geld besser für Schulsanierungen verwenden. „Elektro ist mit Sicherheit die Zukunft. Wenn es unbedenkliche Batterien und effiziente Motoren gibt, die umweltfreundlicher als der Biodiesel sind, sind wir mit Sicherheit dabei“, so der Investor.
Die Reederei Bruno Winkler, die mit vier Ausflugsdampfern durch die historische Mitte tuckert, teilte auf Anfrage der Berliner Woche zum Thema nur mit: „Wir befinden uns momentan in der Winterpause. Derzeit steht für Ihre Fragen leider kein Ansprechpartner zur Verfügung.“
Autor:Dirk Jericho aus Mitte |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.