Für die Notdurft im Grünen
Senat will Parks, Badestellen und Waldgebiete mit autarken Toilettenanlagen ausstatten lassen

Ende April hat Wall-Chef Patrick Möller die letzte Berliner Toilette an Umweltsenatorin Bettina Jarasch (Bündnis 90/Die Grünen) übergeben. Wall betreibt die 278 Stadtklos für die nächsten 15 Jahre. | Foto:  Sven Darmer
  • Ende April hat Wall-Chef Patrick Möller die letzte Berliner Toilette an Umweltsenatorin Bettina Jarasch (Bündnis 90/Die Grünen) übergeben. Wall betreibt die 278 Stadtklos für die nächsten 15 Jahre.
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Erst Ende April wurde die letzte der 278 von der Firma Wall eigens für Berlin entwickelten Toilettenanlagen in Betrieb genommen. Im kommenden Jahr sollen jetzt 24 weitere autarke Anlagen in Parks und Grünanlagen, an Badestellen sowie in Waldgebieten getestet werden.

2,6 Millionen Euro stellt die Senatsumweltverwaltung aus dem Innovationsförderfonds für die Erprobung dieser autarken Parktoiletten zur Verfügung, wie aus einem Bericht an den Hauptausschuss hervorgeht. Pro Bezirk sollen im kommenden Jahr jeweils zwei „ökologische und klima-freundliche Toiletten“ erprobt werden, die ohne Wasser und Stromversorgung von außen auskommen. Solche autarken Systeme gebe es am Markt; sie könnten den Anforderungen angepasst werden und scheinen geeignet, „um im Berliner Grün aufgestellt zu werden“, steht im Bericht. Nach einer Ausschreibung sollen „24 möglichst unterschiedliche autarke Toilettenanlagen beschafft und für mindestens ein Jahr ab Frühjahr 2023 aufgestellt werden“, heißt es.

Neben ökologischen Faktoren wie Beleuchtung durch Solarpanels, autarke Wasserkreisläufe oder „nachhaltige Verwertung der Fäkalien für Düngung, Kompostierung oder Stromerzeugung“ sollen die Anlagen erstmals auch Frauenpissoirs haben. In den sogenannten Berliner Toiletten der Firma Wall gibt es nur Unisextoiletten, keine Steh-Urinale für Frauen. Im Toilettenvertrag wurde das nicht gewünscht. Nur für Männer wurden an manchen Modellen Pissoirs angebaut, in die Männer kostenlos urinieren können. Aktivistinnen finden das ungerecht und fordern immer wieder auch kostenlos nutzbare Frauenpissoirs.

Alte BSR-Sanitärcontainer ersetzen

Wie der Senat mitteilt, sollen die nach Erprobung und Beteiligung von Bürgern und Verbänden ausgewählten autarken Parktoiletten ab 2024 für ganz Berlin beschafft werden und die vorhandenen 25 Sanitärcontainer ersetzen, die Wall ebenfalls noch bis 2024 im sogenannten Sanitärcontainervertrag betreut. Das sind grüne uralte Container noch aus BSR-Zeiten, die an Seen und in Wäldern stehen. Wall betreibt seit 1993 für Berlin die öffentlichen Toiletten und hatte seinerzeit auch die Reinigung und Wartung der alten BSR-Container übernommen.

Von der geplanten Ausschreibung für autarke Anlagen mit Frauenpissoirs wusste die Firma Wall bisher nichts, wie Sprecherin Frauke Bank sagt. Wall hat auch keine Modelle mit Frauenpissoirs in der Produktpalette. „Bisher gab es dazu keine Nachfrage vom Senat oder irgendwelchen Kommunen in Deutschland und Europa“, sagt Bank. Unklar ist, wie die Becken sicher gemacht werden können, wenn sie frei zugänglich sind und wie die Männerpissoirs nur durch eine Sichtschutzwand verdeckt werden. Schon die Männerklos sorgen für Ärger, weil man wie am Leopoldplatz oder Nettelbeckplatz in Wedding die Benutzer komplett sehen kann.

„Meilenstein für Geschlechtergerechtigkeit“ zu teuer

In der Neuköllner Hasenheide hatte das Bezirksamt im vergangenen Juli das berlinweit erste „Missoir“ – ein kostenloses Urinal für Frauen – aufgestellt. Der „Meilenstein für Geschlechtergerechtigkeit“, wie die Betreiberfirma ihr Frauenpissoir nennt, ist schon wieder Geschichte. Dem Bezirk war das „Missoir“ mit 60.000 Euro jährliche Reinigungskosten zu teuer. Seitdem steht dort ein modernes Berlin-Klo der Firma Wall mit der bekannten Unisextoilette. Kosten: 50 Cent fürs kleine oder große Geschäft. Wo die normalen Wall-Anlagen stehen, zeigt die kostenlose App „Berliner Toilette“.

Autor:

Dirk Jericho aus Mitte

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