Immer weniger Straßenbäume
Wegen Dürre, Altersschwäche und Neubauten wurden in zehn Jahren 56 000 Bäume gefällt

Straßenbäume als grüne Oasen: In der Leipziger Straße hat der Senat die insgesamt 47 Platanen und Ahorne, die 1981 gepflanzt wurden, freigelegt und aufwendig mit Wurzel-OP gerettet. | Foto:  Dirk Jericho
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  • Straßenbäume als grüne Oasen: In der Leipziger Straße hat der Senat die insgesamt 47 Platanen und Ahorne, die 1981 gepflanzt wurden, freigelegt und aufwendig mit Wurzel-OP gerettet.
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86 Euro pro Straßenbaum und Jahr bekommen die bezirklichen Grünflächenämter für die Pflege. Doch der Gesamtbestand dieser Bäume nimmt stetig ab. Bürgerinitiativen fordern jetzt, Baumfällungen zu vermeiden und Nachpflanzungen verpflichtend zu machen.

Mein Freund der Baum ist tot, er fiel im frühen Morgenrot, sang Alexandra 1968. Laut Liedtext wurde er gefällt und musste einem Neubau weichen. Wie in dem Schlager wurden auch in Berlin Tausende Straßenbäume wegen Bauvorhaben beseitigt – in den vergangenen zehn Jahren rund 56 000. Die Neupflanzungen haben die Bilanz nicht ausgeglichen, sodass die Gesamtzahl der Straßenbäume von 438 740 im Jahre 2012 auf 430 358 im vergangenen Jahr zurückgegangen ist.

Nicht gekanntes Ausmaß

Wie aus den Daten der Senatsumweltverwaltung hervorgeht, mussten die meisten Bäume wegen Krankheiten wie Pilzbefall und Fäulnis gefällt werden, oder weil sie bereits abgestorben waren. Den Straßenbäumen machen immer mehr die innerstädtischen Bedingungen zu schaffen. Laut den alle fünf Jahre veröffentlichten Straßenbaum-Zustandsberichten, bei denen Baumexperten exemplarisch Stichproben der vier Baumgattungen Ahorn, Platane, Rosskastanie und Linde untersuchen, hat „der Grad der Schädigung des Straßenbaumbestandes mittlerweile ein bislang nicht gekanntes Ausmaß erreicht“, wie Umweltstaatssekretärin Silke Karcher in ihrer Antwort auf die Anfrage der Abgeordneten Sandra Brunner (Die Linke) zum Baumzustand schreibt. Hatten 2010 noch 60 Prozent aller Straßenbäume keine Schäden, waren es 2020 nur noch 44 Prozent. Auch die Waldbäume, die nicht wie Straßenbäume gezählt und im Baumkatatster nummeriert werden, leiden infolge der Dürrejahre 2018, 2019 und 2020. 2021 hatten nur sechs Prozent der Bäume keine sichtbaren Schäden. 2012 war noch jeder dritte Baum gesund.

Im Vergleich zu 2012 hat Berlin 10 000 Straßenbäume verloren, weil laut Karcher der Bestand an Altbäumen über 40 Prozent beträgt und Klimawandel, Verletzungen durch Baumaßnahmen und Tausalz die Bäume kaputtmachen. Die Gärtner in den bezirklichen Grünflächenämtern reichen nicht mehr für eine gute Baumpflege. „Der Personalbestand wurde drastisch reduziert, andererseits ist Fachkräftemangel zu verzeichnen“, so Karcher. Dadurch konnten „in den letzten Jahrzehnten regelmäßige und ausreichende Baumpflanzungen sowie notwendige Pflegemaßnahmen nicht im erforderlichen Umfang durchgeführt werden“, so die Staatssekretärin. „Die Baumpflege wurde auf die absolut unverzichtbaren Maßnahmen mit Bezug auf die Verkehrssicherheit reduziert“.

Zusätzliche Mittel

Der Senat überweist den Bezirken für die Pflege der Straßenbäume zusätzliche Mittel. In den Corona-Jahren 2020/2021 hat die Finanzverwaltung knapp 15 Millionen Euro pro Jahr locker gemacht. Das war eine Erhöhung von 70 Prozent beziehungsweise auf 86 Euro pro Straßenbaum und Jahr. Die vom Abgeordnetenhaus beschlossenen Gelder bekommen die Bezirke auch im Doppelhaushalt 2022/ 2023. Die zusätzlichen Mittel von jährlich fünf Millionen Euro für alle Bezirke von 2021 wurden hingegen im Haushalt 2022/2023 auf 500 000 Euro pro Jahr gesenkt.

Das Berliner Bündnis Nachhaltige Stadtentwicklung (BBNS) hat zum Tag des Baumes am 25. April den Stopp des „Baumschwunds“ durch Neubau und Nachverdichtung gefordert. Allein sechs der im BBNS organisierten Initiativen beklagen 300 im Winter gefällte Bäume. Das Bündnis fordert ein Aussetzen aller Nachverdichtungsvorhaben und Flächenversiegelungen, eine Überprüfung von Bauvorhaben, ob Baumfällungen vermeidbar sind, und verpflichtende Nachpflanzungen statt Ausgleichszahlungen. Weitere Infos zum BBNS auf nachhaltigestadtentwicklung.berlin.

Autor:

Dirk Jericho aus Mitte

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