Anwohner sollen nicht mehr parken dürfen
In der Krausenstraße fallen ersatzlos alle Parkplätze weg

Für Max Landero und Hendrik Blaukat (rechts) sind die Senatspläne in der Krausenstraße "grüner Harakiri".  | Foto:  Ulrike Kiefert
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Die Krausenstraße wird saniert. Fußgänger bekommen mehr Platz. Im Gegenzug sollen alle privaten Parkplätze wegfallen. Keine 20 oder 30, sondern über 200. Was unter Anwohnern im Kiez für empörtes Kopfschütteln sorgt.

Die Krausenstraße zwischen Friedrichstraße und Axel-Springer-Straße ist Parkzone. Um Anwohnern den Parkdruck zu nehmen. Doch mit dem Komfort ist bald Schluss. Die Anwohner sollen in ihrer Wohnstraße künftig gar nicht mehr parken dürfen.

Der Grund: Die Krausenstraße wird zugunsten der Fußgänger saniert. Die Gehwege werden breiter, die Fahrbahn schmaler. Behindertenparkplätze und Lieferzonen bleiben zwar erhalten. Doch das „private Parken der Anlieger der Parkzone 2 wird mit der Neuplanung der Krausenstraße komplett entfallen“. So kündigt es die Projektbeschreibung des Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz an. Noch bis Ende August läuft die verlängerte Online-Beteiligung auf mein.berlin.de. Ende 2022 soll es mit dem geschätzten 4,4 Millionen Euro teuren Umbau der rund 700 Meter langen Krausenstraße südlich der Leipziger Straße losgehen.

"Ausdruck von Konzeptionslosigkeit
seitens des Senats"

„Informiert wurden die Anwohner darüber nicht“, sagt Hendrik Blaukat. Das weiß er aus Gesprächen. Der Architekt wohnt selbst nicht in der Krausenstraße, parkt aber regelmäßig dort. Außerdem gehört Blaukat zum Vorstand der Interessengemeinschaft (IG) Leipziger Straße, die sich für weniger Verkehr auf der Leipziger Straße engagiert, in aktuelle Debatten einmischt und bei der Senatsverkehrsverwaltung hartnäckig Pläne nachfragt. So hat die IG auch vom Umbau der Krausenstraße erfahren. „Etwa 260 Anwohnerparkplätze werden damit hier wegfallen“, sagt Hendrik Blaukat. Das hat sich unter den Anwohnern mittlerweile herumgesprochen, wie wütende Plakate an Bäumen beweisen. „Wir finden das eine Frechheit, wie über Anwohner und Anwohnerinnen bestimmt wird, ohne sie einzubeziehen. Was glauben Sie, wo die 260 Fahrzeuge künftig parken werden?“, ist darauf zu lesen. Das fragt sich auch Hendrik Blaukat. „Ohne Alternativen wie Charsharing oder Rufbusse werden den Anwohner die Parkplätze gestrichen. Für mich ist das ein Ausdruck von Konzeptionslosigkeit seitens des Senats.“ Immerhin sei rund ein Viertel der Anwohner in der Krausenstraße über 60 Jahre alt und damit auf ein Auto angewiesen.

Gegen den Wegfall der Anwohnerparkplätze protestiert auch Max Landero, der für die Wahl zum Abgeordnetenhaus kandidiert. Der SPD-Politiker ist in der Leipziger Straße groß geworden, wohnt heute noch dort. „Die Notwendigkeit und der Anlass für die Straßenerneuerung erschließen sich niemandem“, sagt Landero. Schließlich sei der Gehweg auf der Südseite der Krausenstraße erst vor einigen Jahren neu gemacht worden. „Was wir hier erleben, ist grüner Harakiri“, sagt Landero. „Die Pläne führen dazu, dass Menschen an einer der dicht befahrensten Straßen Berlins, der Leipziger Straße, kein Auto mehr nutzen können.“ Statt in einem Wohngebiet sollte das Entsiegeln von Straßen zugunsten von Radfahrern und Fußgängern an anderer Stelle vorangetrieben werden, fordert Landero. Rund um den Gendarmenmarkt in der Friedrichstadt zum Beispiel. Die will die grüne Verkehrssenatorin dauerhaft verkehrsberuhigen. Prominentestes Beispiel hierfür ist der Verkehrsversuch autofreie Friedrichstraße. „Die Krausenstraße aber ist für die Verkehrswende der falsche Ort.“ Innerhalb eines Jahres würden die Anwohner hier gezwungen, auf den ÖPNV umzusteigen. „Dabei gibt es auf der Leipziger Straße noch nicht mal die Straßenbahn“, so Landero. Der Politiker kündigt mit der IG Leipziger Straße eine Unterschriftenaktion an. „Wir spüren, dass der Widerstand wächst. Die Anwohner haben genug vom Stückwerk. Die Friedrichstraße, Charlottenstraße, Unter den Linden und die Leipziger Straße brauchen ein Gesamtkonzept.“

"Gerechtere Aufteilung
des Straßenraums"

Mit dem Umbau der Krausenstraße will der Senat „eine gerechtere Aufteilung des öffentlichen Straßenraums für alle Mobilitätsformen“ erreichen. Mit breiten Fußwegen und barrierefreien "Gehwegnasen", mit weniger Verkehr, mehr Stadtgrün und Platz für Radbügel, E-Fahrzeuge und Carsharing. Denn: Die aktuelle Situation an der Krausenstraße sei sehr stark von parkenden Fahrzeugen dominiert, sagt Jan Thomsen, Sprecher der Senatsverkehrsverwaltung. Weshalb die Sichtverhältnisse insbesondere für schwächere Verkehrsteilnehmer wie Kinder und Radfahrer schlecht seien. Auch gebe es etliche Klagen von Anwohnern über den aktuellen Zustand der Straße, die vor allem als Parkplatz genutzt werde, was andere Nutzungen einseitig benachteilige oder gar ausschließe. „Behindertenparkplätze bleiben auch nach dem Umbau selbstverständlich erhalten“, so Thomsen weiter. „Ersatzflächen für entfallende Kfz-Parkplätze werden gleichwohl nicht ausgewiesen, sonst würde das Problem der Krausenstraße, das im Sinne einer lebenswerten und klimaschonenden Stadt dringend zu lösen ist, in andere Straßen verlagert.“ Es sei zudem keine staatliche Aufgabe, in dicht bebauten Städten für Parkraum auf öffentlichen Flächen zu sorgen.

Für die Krausenstraße wird im weiteren Planungsprozess auch eine Einbahnstraßenregelung eruiert. Um den Stau-Ausweichverkehr von der Leipziger Straße zu minimieren, denn die soll mit der neuen Mühlendammbrücke und der Inbetriebnahme der Tram langfristig einspurig werden. Gegen eine Einbahnstraße hat Hendrik Blaukat nichts. „Die Anwohnerparkplätze aber müssen in der Krausenstraße erhalten bleiben.“ Es sei ja richtig, sagt Blaukat, die Stadt müsse sich verändern, hin zu weniger Autoverkehr. „Aber Bitteschön nicht mit der Brechstange.“

Mehr Informationen zur Umgestaltung der Krausenstraße mit Link zur Online-Beteiligung unter www.berlin.de/sen/uvk/verkehr/infrastruktur/strassenbau/krausenstrasse.

Autor:

Ulrike Kiefert aus Mitte

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