Lieber mit dem Auto ins Amt
Nur ein Fünftel der Beschäftigten im öffentlichen Dienst nutzt das subventionierte Firmenticket
Die Beamten und Angestellten in den Senats- und Bezirksverwaltungen mit Anspruch auf Hauptstadtzulage nutzen kaum den Arbeitgeberzuschuss zum VBB-Firmenticket. Auch Dienstfahrräder gibt es kaum.
Nur ein Fünftel der rund 113.000 Berechtigten in Senats- und Bezirksverwaltungen haben sich für das subventionierte Firmenticket entschieden. „Anscheinend kommen viele mit dem eigenen Auto“, glaubt Kristian Ronneburg. Der Linke-Abgeordnete aus Marzahn-Hellersdorf hatte bei der Senatsfinanzverwaltung die Zahlen zum Firmenticket abgefragt und ist darüber sehr verwundert. „Da ist auf jeden Fall noch Luft nach oben“, formuliert er vorsichtig.
Ronneburg will jetzt vom neuen Senat weitere Details erfahren, warum in den Dienststellen so wenige ein Firmenticket wollen und sich lieber die volle Hauptstadtzulage von 150 Euro auszahlen lassen. Seit November 2020 gibt es den monatlichen Zuschuss von bis zu 55,42 Euro für ein Firmenticket. Er wird von der Hauptstadtzulage abgezogen und muss nicht versteuert werden. Der restliche Zulagenbetrag von 95 Euro hingegen muss versteuert werden. Wer also ohnehin mit den Öffentlichen fährt, für den lohnt sich das Ticket. Es gilt für alle öffentlichen Verkehrsmittel im Verbundgebiet Berlin-Brandenburg, rund um die Uhr an 365 Tagen im Jahr. Nach 20 Uhr und am Wochenende können kostenlos bis zu vier Personen mitgenommen werden.
Von den knapp 30.000 Beschäftigten in der Innenverwaltung nutzt sogar nur etwa jeder Zehnte das Firmenticket. Dort machen Polizisten und Feuerwehrleute den Großteil des Personals aus. „Wegen der unterschiedlichen Dienstzeiten und vielleicht ungünstiger Verbindungen kommen wohl die meisten lieber mit dem Auto“, vermutet Ronneburg. Auch gebe es in vielen Dienstgebäuden der zahlreichen Bezirks- und Senatsverwaltungen Parkplätze für Mitarbeiter. „Das Abgeordnetenhaus hat zum Beispiel einen Deal mit dem gegenüberliegenden Martin-Gropius-Bau, dass Mitarbeiter dort günstig parken können“, weiß Ronneburg. Von den 41.679 Angestellten in der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie hatten sich im Mai 2021 nur 7682 für das Firmenticket entschieden. Zu den Angestellten gehören vor allem die rund 33.000 Lehrkräfte. Verkehrsexperte Ronneburg will jetzt die Gründe hinterfragen. Eine Vorbildwirkung habe das nicht, wenn man auf der anderen Seite den Bürgern sagt, dass sie ihr Auto stehen lassen und das Fahrrad oder öffentliche Verkehrsmittel nutzen sollen. „Da haben die Politik und die Verwaltung auch eine Bringschuld“, meint er.
Ähnlich mager sieht es bei der Nutzung von Dienstfahrrädern in den Behörden aus. Die meisten Senatsverwaltungen haben gar keine für ihre Mitarbeiter. Die Innenverwaltung immerhin vier, die Kultur- und die Wirtschaftsverwaltung zwei und die damalige Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz 42. Bei den angegebenen 552 Diensträdern der Polizei dürfte es sich vor allem um die Fahrradstreifen handeln. In den Bezirksämtern sieht es ein wenig besser aus. Friedrichshain-Kreuzberg hat 108 Diensträder, Mitte 104. In Tempelhof-Schöneberg gibt es nicht ein einziges. Der Bezirk will jetzt vier Diensträder für das Ordnungsamt beschaffen.
Ronneburg fordert ein Mobilitätsmanagement in den Verwaltungen. Gut findet er den Service im Bezirksamt Mitte. Der bietet Mitarbeitern 25 Elektrofahrräder, die sie sich wie bei Sharing-Systemen per App ausleihen können. Seit Start Ende 2019 haben sich 170 Mitarbeiter für die Nutzung der Diensträder registriert und sind damit laut Auswertung bis Anfang 2022 knapp 11.000 Kilometer bei 1200 Fahrten geradelt.
Autor:Dirk Jericho aus Mitte |
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