Überall popt’s wegen Corona
Senat treibt temporäre Radwege voran

Im Bezirk gibt es seit dem 23. April am Schöneberger Ufer einen Pop-up-Radweg. | Foto: BA Mitte
  • Im Bezirk gibt es seit dem 23. April am Schöneberger Ufer einen Pop-up-Radweg.
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Für Autos wird es immer enger. Verkehrssenatorin Regine Günther (Grüne) treibt die Mobilitätswende voran. Die in Corona-Zeiten angeordneten sogenannten „Pop-up-Bikelanes“ wurden bis Ende des Jahres verlängert.

Gelbe Striche, Fahrradsymbole und ein paar Warnbaken – fertig ist der temporäre Radstreifen auf Hauptverkehrsstraßen, wo sonst Autos parken oder fahren. Der erste Pop-up-Radweg wurde Ende März am Halleschen Ufer angeordnet. Um Abstandsregeln einzuhalten und ohne Ansteckungsrisiko draußen zu radeln, hat der Senat die provisorischen Fahrradstraßen eingerichtet. Es besteht das Ziel, die jetzt eingerichteten Provisorien dauerhaft zum Radweg auszubauen. Über 20 Kilometer solcher Radwege gibt es bereits.

Im Bezirk Mitte wurde bisher nur ein Streckenabschnitt am Schöneberger Ufer markiert. Ein weiterer Radweg soll auf der Müllerstraße von der Seestraße bis zum U-Bahnhof Wedding eingerichtet werden. Doch die Planungen sind „sehr kompliziert“, sagte die zuständige Stadträtin Sabine Weißler (Grüne) auf der jüngsten Bezirksverordnetenversammlung (BVV). Vor allem die Debatten zwischen Senat und BVG seien „sehr lebhaft“ und es gebe noch keine Einigung wegen der Busspuren.

Auf der 700 Meter langen Invalidenstraße zwischen Brunnenstraße und Nordbahnhof hatte der Senat nach dem tragischen Unfall vom 6. September 2019 mit vier Toten den Umbau mit geschützten Radwegen angekündigt. Die Radstreifen sollten bereits 2019 erst einmal mit Provisorien wie den jetzigen Pop-up-Bahnen errichtet werden. Außer Tempo-30-Schildern ist auf der Straße nichts passiert. Laut Weißler sind die Planungen „fortgeschritten“ und die Invalidenstraße solle im Vorgriff der Baumaßnahme jetzt markiert werden. Es gebe noch Probleme mit den Ampelschaltungen, aber „die sind am Basteln“.

"Radikal ausgeberemst"

Für Julian Kopmann, der als Anwohner nach dem Unfall die Onlinepetition „Sichere Wege für Schul- und Kita-Kinder auf der Invalidenstraße“ gestartet hatte, ist acht Monate nach der Tragödie „die anfängliche Euphorie schnell der nüchternen Realität gewichen“, schreibt er am 25. Mai. „In den letzten Monaten ist der wahrnehmbare Wille zur zügigen Umsetzung der vereinbarten Beschlüsse jedoch auf einen Tiefpunkt gesunken“, heißt es da. Entscheidungen von höchster Ebene würden „radikal ausgebremst“.

Einen weiteren temporären Radweg will Weißler auf der Kaiserin-Augusta-Allee einrichten. Der ergebe aber nur Sinn, wenn er weiter nach Charlottenburg geht. Gespräche mit dem Nachbarbezirk sollen laufen.

Die Bezirksverordneten haben einen gemeinsamen Antrag von SPD und Grünen mit den Stimmen der Linken und Piraten beschlossen, weitere Strecken für Radler aufpoppen zu lassen. Vorgeschlagen werden die Straßen Alt-Moabit, Invalidenstraße, Friedrichstraße, Chausseestraße, Schulstraße, Badstraße und auf der Swinemünder Brücke.

Flächen neu verteilen

Es ist das erklärte Ziel von Senatorin Regine Günther, dass aus allen temporären Radwegen fest ausgebaute und dauerhafte werden. Der Platz für Autos werde geringer, „wir müssen die Fläche in der Stadt neu verteilen“, so Günther. Allein auf der Müllerstraße und Invalidenstraße werden mehr als 300 Parkplätze wegfallen. Da kommen große Probleme vor allem auf die Anwohner hinzu, die auf ihr Fahrzeug angewiesen sind. Und auch das Bezirksamt, das mit der Parkraumbewirtschaftung zweistellige Millionenbeträge Einnahmen generiert, wird das in der Kasse spüren.

Der Verkehrsclub ADAC Berlin-Brandenburg kritisiert die Pop-up-Radwege. Vor Corona habe es in Berlin schon Parkplatznot gegeben, und die Stadt sei Stauhauptstadt – und trotzdem seien die Zulassungszahlen angestiegen, sagt ADAC-Sprecherin Sandra Hass. Das zeige, dass Berliner und Pendler aus dem Brandenburger Umland nach wie vor auf das Auto angewiesen seien.

Autor:

Dirk Jericho aus Mitte

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