Knöllchen unterm Scheibenwischer ade
Senat will die Parkraumbewirtschaftung mit Scanautos und elektronischem Strafzettel digitalisieren
Berlin bereitet sich auf die digitale Parkraumbewirtschaftung vor. Kontrolleure, die Knöllchen ausdrucken und an die Scheibe pinnen, braucht man dann nicht mehr. Eine sogenannte Scan-Car-Geschäftsstelle wurde jetzt eingerichtet.
Hunderte Kontrolleure vom Ordnungsamt sind täglich auf den Gehwegen unterwegs. Sie checken bei Wind und Wetter bei jedem parkenden Auto, ob ein gültiger Parkschein auf dem Armaturenbrett liegt oder eine Anwohnerplakette an der Scheibe klebt. Sündern klemmen die Kontrolleure ein Knöllchen untern Scheibenwischer. Manchmal führt das zu aggressiven Auseinandersetzungen. Pöbelnde Autofahrer sind auch schon gewalttätig geworden. Das soll in Berlin irgendwann der Vergangenheit angehören. Der Senat will den kompletten Prozess der Parkraumbewirtschaftung digitalisieren – von der Erfassung der Falschparker bis zum automatischen Versand der Knöllchen.
Amsterdam und Warschau als Vorbilder
In anderen europäischen Großstädte wie Amsterdam, Paris und Warschau fahren bereits sogenannte Scan-Cars. Das sind Autos mit Kameras auf dem Dach, wie sie auch Google für seine Straßenkarten durch die Gegend schickt. Wann auch in Deutschland die digitale Parkraumbewirtschaftung startet, ist noch offen. Erst müssen die rechtlichen Grundlagen in der Straßenverkehrsordnung geschaffen und viele Details geklärt werden. „Aus rechtlichen Gründen, aber auch aus technischen wird die digitale Parkraumüberwachung mittels Scan-Fahrzeugen erst in ein paar Jahren möglich sein“, sagt Jan Thomsen, Sprecher von Mobilitätssenatorin Bettina Jarasch (Grüne). Die Verkehrsverwaltung hat im März zur „Vorbereitung der digitalen Parkraumbewirtschaftung“ eine Scan-Car-Geschäftsstelle gegründet. Zum Team gehören Mitarbeiter vom Ordnungsamt Mitte und vom Straßen- und Grünflächenamt Friedrichshain-Kreuzberg.
Und so soll es eines Tages funktionieren: Parkscheine und Anwohnervignetten werden nur noch online ausgestellt und in einer Datenbank gespeichert. Die Kontrolleure fahren mit Kameraautos durch die Straßen. Die Scan-Cars machen Hunderte Bilder im Sekundentakt und schicken die verschlüsselten Fotos an die Parkraumdatenbank. Der Computer gleicht die Kennzeichen ab und überprüft, ob das Fahrzeug für den Ort eine Parkgenehmigung hat. Wenn nicht, werden die Strafzettel automatisch erstellt und per Post an die Adresse des Fahrzeugbesitzers geschickt.
Mitarbeiter zufriedener
Die Digitalisierung hat viele Vorteile und spült mehr Geld in die Stadtkasse. Für die Parkraumüberwachung braucht man nur noch einen kleinen Teil des jetzigen Außendienstes – ein paar Mitarbeiter im Büro und einige, die die ScanCars fahren. In Amsterdam sind die Krankenstände der Kontrolleure seit Einführung der digitalen Überwachung zurückgegangen. Und die Kollegen sind viel zufriedener. Die Mitarbeiter können zwischen Außendienst im Scan-Car und Innendienst wechseln.
Die Scan-Car-Geschäftsstelle soll die Einführung der Scanfahrzeuge vorbereiten und „die vielfältigen Zuständigkeitsbereiche und Geschäftsprozesse zentral steuern“, heißt es. Ein wichtiges Thema ist dabei der Datenschutz. Die Geschäftsstelle wird aus Mitteln der Parkraumbewirtschaftung und später durch Gelder aus dem Berliner Innovationsförderfonds finanziert.
Zwei unterschiedliche Projekte
Die Senatsverkehrsverwaltung weist darauf hin, dass die künftigen Scanfahrzeuge nichts mit dem laufenden Forschungsprojekt „Aufbau und Betrieb eines erweiterten umweltsensitiven Verkehrsmanagementsystems in Berlin (eUVM)“ zu tun haben. Wie berichtet, sind seit April schon vier Scanfahrzeuge unterwegs. Sie knipsen innerhalb des S-Bahn-Rings und einiger angrenzender Areale in Mitte und Tempelhof-Schöneberg ebenfalls parkende Autos. Ziel der Verkehrsuntersuchung ist, Parkdauer und Parksuchverkehr zu dokumentieren und Erkenntnisse für eine optimierte Planung zukünftiger Parkraumbewirtschaftung zu erlangen. In dem eUVM-Projekt gehe es nicht um Kontrolle oder Ahndung von Parkverstößen, so der Senat. Die Ordnungsämter hätten keinen Zugriff auf die Daten.
Autor:Dirk Jericho aus Mitte |
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