Streit um rollende Partytresen: Verboten oder nicht? Bierbikes rollen weiter, weil Senat nicht entscheidet
Mitte. Die rollenden Fahrradbars sorgen mal wieder für politischen Streit. Wie sich jetzt herausstellt, hat das Bezirksamt dem Betreiber der Bierbikes bereits am 7. Januar 2014 eine Sondernutzungserlaubnis erteilt; allerdings mit so vielen Einschränkungen, die ein de facto-Verbot bedeuten.
„Der nächste Sommer kommt bestimmt - Bierbikes in Mitte auch?“ Diese kleine Anfrage hat der SPD-Verordnete Stefan Draeger jetzt an den zuständigen Verkehrsstadtrat Carsten Spallek (CDU) geschickt. Bereits vor drei Jahren wollte Draeger wissen, welche Konsequenzen Mitte aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes zum Thema Bierbikes zieht. In dem Urteil heißt es, dass die rollenden Partywagen mit grölenden Touristen nicht ohne Weiteres im öffentlichen Straßenverkehr fahren dürfen.
Spallek hatte damals den Senat um eine berlinweite Regelung gebeten, „um die Nutzung von sogenannten Bierbikes grundsätzlich untersagen zu können“, so der Stadtrat. Wie jetzt auf Draegers Nachfrage herauskam, gibt es diese Regelung aber nicht. Laut Spallek wollte die zuständige Senatsverkehrsverwaltung keine, weil die Bierbikes nur in Mitte und Friedrichshain-Kreuzberg fahren. Das Bezirksamt Mitte hat daraufhin die Federführung übernommen und auch die Anträge für den Nachbarbezirk bearbeitet.
Umfangreiche Stellungnahmen von BVG, Polizei und Straßenverkehrsbehörden hätten ergeben, „dass Bierbikes zwar öfter als lästig empfunden werden, aber weder Unfälle noch Ordnungswidrigkeiten in diesem Zusammenhang bekannt geworden sind“, so Spallek. Mitte hat deshalb die nervigen Partywagen vor zwei Jahren genehmigt. „Davon wusste niemand etwas“, ärgert sich Draeger über den „Staustadtrat Spallek“.
Die Behörde hat dem Betreiber seinerzeit allerdings so viele Auflagen erteilt, die quasi einem Fahrverbot gleichkommen. Denn die „Stadtrundfahrten mit Mehrpersonenfahrrädern“, wie die Gefährte mit Zapfhahn offiziell genannt werden, sind auf Dutzenden Straßen verboten: Das sind genau die in der City wie Unter den Linden, Potsdamer Platz oder Gendarmenmarkt, wo die Touris aber strampeln wollen. Auch Straßen in Wedding wie Müllerstraße, Reinickendorfer Straße oder Seestraße stehen auf der Fahrverbotsliste.
Gegen diese Beschränkungen hat der Betreiber am 14. Januar 2014 Widerspruch eingelegt. Doch die für den Widerspruch zuständige Senatsverwaltung von Verkehrssenator Andreas Geisel (SPD) hat darüber bis heute nicht entschieden. „Die angefochtenen Beschränkungen sind deshalb noch immer schwebend unwirksam“, so Spallek. Bedeutet: Die Bierbikes dürfen erstmal weiter rollen. Der CDU-Stadtrat wehrt sich gegen den Vorwurf der SPD, er unternehme nichts gegen die Bierbikes und erlaube Alkohol am Steuer. „Bezirksamt Mitte erlaubt weiterhin keine Bierbikes in Berlins Mitte. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung bremst das Verbot aus“, postete Spallek auf Facebook. Dort fordert er Senator Andreas Geisel auf, „endlich über den Widerspruch zu entscheiden, damit das Bezirksamt Mitte eine rechtliche Handhabe zum Verbot von Bierbikes hat.“ In einem anderen Post fordert er den SPD-Landesvorsitzenden Jan Stöß auf, „seine Genossen in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung zu einer Entscheidung zu bewegen!“
Geisels Sprecher Martin Pallgen bestätigt das offene Widerspruchsverfahren. Um eine „rechtssichere, ausgewogene Entscheidung zu treffen“, habe es „zwischenzeitlich Abstimmungen zwischen dem Bezirksamt Mitte, der Verkehrslenkung und der Polizei gegeben.“ Was daran zwei Jahre dauern soll, sagt der Sprecher von Andres Geisel nicht. „Es ist nicht ausgeschlossen, dass mit dem Antragsteller noch einmal das Gespräch gesucht werden muss“, so Martin Pallgen.
Klingt so, als ob sich der Bierbike-Betreiber keine großen Sorgen machen müssen. Der nächste Sommer kommt bestimmt. Und die Bierbikes auch. DJ
Autor:Dirk Jericho aus Mitte |
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