„Fahrgastaktion“ zum Ausgleich
BVG und andere Verkehrsunternehmen passen ihre Fahrkartenpreise nicht an
Die Bundesregierung hat die Mehrwertsteuer vom 1. Juli bis zum 31. Dezember gesenkt. Händler und Dienstleister sollen die niedrigere Mehrwertsteuer an die Kunden weitergeben, sodass Waren und Dienstleistungen preiswerter werden.
Mit der temporären Senkung der Mehrwertsteuer von 19 auf 16 Prozent sowie beim ermäßigten Steuersatz von sieben auf fünf Prozent soll der Konsum angekurbelt werden. Die Idee ist, dass die Leute Investitionen vorziehen und durch mehr Konsum der durch die Corona-Pandemie schwer gebeutelten Wirtschaft neuen Schub geben. Jeder Laden musste seine Preisschilder ändern – eine Menge Arbeit und Kosten, deren Sinn nicht wenige anzweifeln. Ob alle Firmen die gesenkte Mehrwertsteuer auch als Ersparnis an die Kunden weitergeben, ist alles andere als sicher. Viele Onlinehändler machen das nicht, haben erste Untersuchungen von Verbraucherverbänden ergeben. Und eine gesetzliche Verpflichtung dazu gibt es auch nicht.
Bei den öffentlichen Betrieben scheren die BVG und alle anderen 37 im Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) organisierten öffentlichen und privaten Verkehrsunternehmen aus. Bei den Fahrkartenpreisen gibt es bisher keine Preisreduktion. Die Wasserbetriebe und Stadtwerke hingegen geben die Senkung an die Kunden weiter. Und auch bei den Berliner Bäder-Betrieben (BBB) ist die Senkung von sieben auf fünf Prozent eingepreist. Die Zeitfenstertickets kosten seit 1. Juli sieben Cent weniger – 3,73 Euro statt 3,80 Euro. „Wir geben die Senkung voll an die Kunde weiter“, so BBB-Sprecher Matthias Oloew.
Für kurzen Zeitraum nicht umsetzbar
Die BVG und die anderen VBB-Unternehmen brüten noch über einer Lösung. „Die Umsetzung der Mehrwertsteuerreduktion von sieben auf fünf Prozent für VBB-Fahrausweise in Berlin und Brandenburg für den kurzen Zeitraum bis Dezember 2020 ist durch die Verkehrsunternehmen aus vertriebstechnischen und genehmigungsrechtlichen Gründen nicht zu realisieren. Von daher wurden die Fahrpreise zum 1. Juli 2020 nicht um wenige Cent-Beträge gesenkt“, sagt VBB-Sprecherin Verena Löw. Die Bus- und Bahnfirmen wollen ihre Ticketsysteme nicht umstellen und planen stattdessen „eine gemeinsame Fahrgastaktion aller 37 VBB-Verkehrsunternehmen, um den Fahrgästen noch in diesem Jahr entsprechend entgegenzukommen“, sagt Löw.
Mehrere Vorschläge seien in Abstimmung. Die will die Sprecherin aber nicht verraten. Nur so viel: Die Aktion soll „ganzheitlich“ sein. So bleibt die Weitergabe der Mehrwertsteuersenkung an die Kunden bei den Verkehrsbetrieben ein großes Überraschungspaket. BVG-Sprecherin Petra Nelken sagt, dass eine Tageskarte zum Beispiel zwei Tage gültig sein könnte oder Fahrgäste mit ihrem Fahrschein jemanden mitnehmen könnten. Von all diesen Ideen hätten aber auf jeden Fall die VBB-Kunden nichts, die jetzt zum Beispiel eine Zugfahrkarte nach Cottbus gekauft haben oder mit der BVG per Automatenticket fahren. Denn die Mehrwertsteuersenkung gilt seit dem 1. Juli und rückwirkend wird eine zukünftige „gemeinsame Fahrgastaktion“ den Kunden nichts bringen.
Autor:Dirk Jericho aus Mitte |
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