BVG und Charité testen autonome Fahrzeuge in Mitte und Wedding

Frederic Sartou vom französischen Hersteller navya erklärt Michael Müller und Karl Max Einhäupl (von links) die Technik der selbstfahrenden Minibusse. | Foto: Dirk Jericho
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Mitte. Selbstfahrende Busse, gesteuert von Computern, Sensoren und Kameras: In einigen Jahren wird das Normalität sein im städtischen Nahverkehr. BVG und Charité testen jetzt zwei Jahre lang autonome Kleinbusse auf dem Klinikgelände der Charité in Mitte sowie auf dem Campus Virchow-Klinikum.

Wie von Geisterhand rollt der Minibus fast geräuschlos an die Haltestelle, die Türen gehen auf, und dann gehts weiter auf dem fest programmierten Rundweg mit neun Stationen zwischen den Backsteingebäuden der Charité. Ab 2018 sollen vier selbstfahrende Elektrobusse mit maximal 20 Stundenkilometern in Mitte und Wedding unterwegs sein. „Stimulate“ heißt das Pilotprojekt von BVG und Charité.

Die BVG testet autonome Kleinbusse mit elf Sitz- und vier Stehplätzen der französischen Hersteller navya und Easysmile. Deutsche Hersteller: Fehlanzeige. Mit den Tests soll auch die Akzeptanz solcher Systeme untersucht werden. 4,1 Millionen Euro kostet das Projekt, das mit 3,2 Millionen Euro vom Bundesumweltministerium gefördert wird.

„Autonomes Fahren ist bald real“, sagte BVG-Vorstand Henrik Haenecke beim Projektstart mit dem Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD) und Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) auf dem Charité-Campus Mitte. Die BVG will in nicht so ferner Zukunft autonome Elektrobusse als Ergänzung zum ÖPNV einsetzen. Fahrgäste können das Shuttle per Handyapp anfordern und zusteigen, so die Zukunftsvision. Für Müller, der auch Aufsichtsratsvorsitzender der Charité ist, ist die Elektrobusinitiative ein „Beitrag zum Erreichen der klimapolitischen Ziele, Berlin ab 2050 zur klimaneutralen Stadt zu entwickeln“. In Zeiten des Diesel-Abgasskandals und zum Fehlen deutscher Hersteller sagte Müller, dass die deutsche Autoindustrie „Gefahr läuft, den Anschluss zu verpassen“.

Laut navya-Europamanager Frederic Sartou sind derzeit bereits 45 seiner Minibusse weltweit im realen Einsatz, zum Beispiel in der Schweiz, Frankreich, Japan, USA, Australien und Neuseeland. Im Schweizer Sitten fährt ein Wagen sogar in der Fußgängerzone. Die Strecke soll jetzt bis zum Bahnhof verlängert werden. In Deutschland ist das BVG-Charité-Projekt der erste Testlauf für navya. „Deutschland wird der größte europäische Markt werden“, so Sartou.

Richtig losgehen soll es nach einem langen Techniktest im Frühjahr 2018. Die drei Busse (ein Ersatzbus) werden dann auf drei definierten Routen mit festen Haltestellen in Mitte (1,2 Kilometer) und auf dem Campus Virchow (zwei Strecken mit insgesamt 2,6 Kilometern) unterwegs sein. Anfangs ist ein Ingenieur mit an Bord, der den Bus mittels Joystick wie bei einer Spielekonsole notfalls steuern kann, wenn er sich festfährt. Ab 2019 bewegen sich die Busse auf fest programmierten Strecken autonom. Hindernisse wie querende Fußgänger erkennen sie über Sensoren, die das Fahrzeug dann abbremsen. Die Busse werden über Satelliten, Kameras und Sensoren gesteuert. Die Software soll nach und nach die Strecken „lernen“, wie BVG-Vorstand Henrik Haenecke sagt.

Die Charité-Gelände eignen sich bestens für den Test der selbstfahrenden Busse, weil sie mit ihren 270 000 beziehungsweise 138 000 Quadratmetern über eine ausreichend große Testfläche verfügen und vom öffentlichen Straßenland abgegrenzt sind. Auf dem Campus gibt es wie im richtigen Verkehr Gehwege, Kreuzungen und Fußgänger, Radfahrer, Autos und Lieferverkehr. Auch können die Hightechbusse dort gut lernen, wie sie richtig reagieren, wenn ein Blaulichtfahrzeug die Routine unterbricht. „Jeder Campus ist so ein kleines Abbild unserer Stadt", sagte Charité-Vorstandschef Karl Max Einhäupl bei der Projektvorstellung. Einhäupl will autonome Fahrzeuge zukünftig auch für Warentransporte einsetzen.

Die 7000 Studenten und 160 000 Mitarbeiter können bis 2020 die Geisterbusse an den zwei Standorten nutzen. Das Land Berlin wird gemeinsam mit der Charité und ihrem Institut für Medizinische Soziologie und Rehabilitationswissenschaften die Akzeptanz und weitere praktische Aspekte der Nutzung autonom fahrender Busse untersuchen, teilten die Projektpartner mit. DJ

Autor:

Dirk Jericho aus Mitte

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