Vom Ostseebahnhof zum Ostberliner Geisterbahnhof
Filmteam sucht Zeitzeugen für rbb-Doku über früheren Stettiner Bahnhof

Hinter dem heutigen S-Bahnheingang am Nordbahnhof stand die imposante Bahnhofshalle des Stettiner Bahnhofs.   | Foto: Dirk Jericho
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  • Hinter dem heutigen S-Bahnheingang am Nordbahnhof stand die imposante Bahnhofshalle des Stettiner Bahnhofs.
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Das Team von Noahfilm sucht für einen Dokumentationsfilm für die rbb-Reihe „Geheimnisvolle Orte“ Zeitzeugen und Interviewpartner, die Erlebnisse rund um den heutigen Nordbahnhof hatten. Die Doku trägt den Titel „Der Stettiner Bahnhof - das Tor zum Norden“.

Heute ist kaum noch zu erkennen, dass hier auf dem Gelände der neuen Bahn-Bürobauten und des Nordbahnhofparks – im einstigen Todesstreifen – einer der imposantesten Berliner Bahnhöfe stand. Ein paar Gleise und Namen von Orten an der Ostsee wie Swinemünde, Kolberg, Sassnitz, Königsberg oder Warnemünde, die im Boden eingelassen sind, erinnern an die Geschichte. Der 1842 als Kopfbahnhof eröffnete Stettiner Bahnhof war das Tor zum Norden. Bis zum Abriss des Stettiner Fernbahnhofs, der 1950 in Nordbahnhof umbenannt wurde, ratterten hier Züge Richtung Ostsee über die imposanten, seit Jahrzehnten stillgelegten Liesenbrücken. Zigtausende Berliner starteten im „Ferienbahnhof“ in den Ostseeurlaub.

Im Eingangsgebäude zur S-Bahn an der Invalidenstraße hat die Bahn historische Fotos vom einstigen Stettiner Bahnhof mit der monumentalen Bahnhofshalle – der größten Berlins – aufgehängt. Die Bahnhofsausstellung erzählt auch von der Zeit, als der Nordbahnhof Geisterbahnhof war. Mit dem Mauerbau 1961 wurde der S-Bahnzugang verrammelt. Die unterirdische Nord-Süd-Bahn ratterte ohne Halt von Gesundbrunnen nach Süden. Das gesamte Areal rund um den Nordbahnhof lag im Grenzgebiet. Bis 1965 wurden die Reste des Stettiner Bahnhofs abgerissen; das gesamte Bahngelände planiert und zum Todesstreifen umgebaut. An der Gartenstraße hinter dem Eingangsportal zur S-Bahn stand ein Wachturm, mit Blick in den Todesstreifen Bernauer Straße und Richtung Norden, wo heute Beachvolleyballer neben der noch vorhandenen Hinterlandmauer spielen oder Nachbarn im Park ihre Hunde ausführen.

Kiez wächst um Station herum

Der Stettiner Bahnhof ist ein geheimnisvoller Ort. Lutz Rentner von der Produktionsfirma Noahfilm arbeitet an einer Dokumentation, die Licht in die wechselvolle Geschichte des Stettiner Bahnhofs bringen soll. Der Bahnhof hat den Kiez rundherum zu jeder Zeit geprägt. Er brachte Schwung in die Reichshauptstadt, Stettiner auf Vergnügungstour ins prosperierende Berlin und auch hoffnungslose Tagelöhner in die Stadt. Im Exposé heißt es: „Um den Stettiner Bahnhof entstehen in kurzer Zeit die typischen Berliner Mietskasernen. Im Wedding und dem Areal um die Ackerstraße. Der Bahnhof belebt den ganzen, bis dahin eher unbedeutenden Kiez.

Für einige Jahrzehnte ist er die schnellste Verbindung zu den Ostseebädern auf Usedom und Rügen. Der Kiez ist geprägt von den Arbeitern des Bahnhofs und der Lokomotivwerke einerseits und den vielen Reisenden andererseits. Es entstehen zahlreiche Hotels und Restaurants. Schnell etabliert sich auch ein Rotlichtviertel. An fast jeder Straßenkreuzung gibt es kleine Bierkneipen, die wegen der dichten Besiedlung für viele Arbeiter wie ein öffentliches Wohnzimmer sind.“

Krieg und Mauerbau

Die Zerstörungen im Krieg und der Mauerbau beenden den großen Trubel. Vom einstigen Kopfbahnhof ist so gut wie nichts mehr übrig. Lediglich der gelbe Klinkerbau in der Julie-Wolfthorn-Straße Ecke Caroline-Michaelis-Straße ist als einziges Überbleibsel vom großen Stettiner Bahnhof geblieben. Die denkmalgeschützte Bahnhofshalle des früheren Stettiner Vorortbahnhofs beherbergt jetzt ein Restaurant. Der 1892 eröffnete Bahnhof gilt als Wiege der Berliner S-Bahn.

Haben Sie Kindheitserinnerungen rund um den Bahnhof? Wollen Sie dem Filmteam von Ihren Erlebnissen berichten? Noahfilm interessiert die Zeit vor 1945, die Kriegszeit und natürlich die Zeit danach, als der Bahnhof wiederbelebt, dann geschlossen und schließlich gesprengt wurde. „Dabei interessiert uns auch der gesamte Kiez um den Bahnhof“, sagt Filmemacher Lutz Rentner. Zeitzeugen können sich bei Noahfilm unter Telefon 611 10 29 oder per E-Mail an kontakt@noahfilm.de melden. Info auch unter www.noahfilm.de

Autor:

Dirk Jericho aus Mitte

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