Der letzte Fang
Traditions-Angelladen am Nordbahnhof gibt nach 30 Jahren auf

Inhaber Daniel Gniewotta gibt auf. | Foto: Foto: Dirk Jericho
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Seit 1991 gibt es den Angelladen Fisherman‘s Friend in der Invalidenstraße 15. Ende Februar verschwindet ein Stück Kiezgeschichte. Mit Amazon & Co kann Inhaber Daniel Gniewotta nicht mehr mithalten.

Glückliche Angler mit riesigen Fischen: Dutzende solcher Trophäenfotos hängen am Kassentresen von Daniel Gniewotta. Darauf zu sehen sind der Chef von Mittes Angelladen und seine Freunde von der Angelsportgruppe, mit denen er oft nach Norwegen zum Hochseefischen gefahren ist. Jetzt ist Schluss mit Fisch. Zumindest hier im Laden am Nordbahnhof.

Gniewotta gibt auf, Ende Februar schließt Fisherman‘s Friend. „Das sollte eigentlich meine Rente werden“, sagt der 40-jährige Berliner, der fast sein halbes Leben im Laden gestanden hat. Erst als Angestellter und seit 2011 als Inhaber, nachdem sein Chef Sven, der Gründer von Fisherman‘s Friend, völlig unverhofft und mitten in der Blüte seines Lebens an einer Krebserkrankung gestorben war.

Gniewotta hat seinen Mietvertrag für den 100 Quadratmeter großen Laden zum 1. März gekündigt. Mit dem Onlinehandel kann er nicht mehr mithalten. „Die Preise bekomme ich nicht hin, die bieten das unter meinem Einkaufspreis“, sagt Gniewotta. Die Mietkosten steigen und die Kunden werden auch weniger. „Die Leute haben keine Zeit mehr“, sagt der Angelfan. Er hat noch einen Grund ausgemacht. Das Wetter: In den vergangenen beiden Jahren war es zu heiß, „da haben die Leute keinen Bock auf Angeln“, sagt Daniel Gniewotta. Außerdem würden die Gewässer kippen.

Bis zu 70 Prozent Rabatt gibt es bis Ende Februar im Angelladen. Zurzeit ist reger Betrieb im Geschäft. Angelfreunde gehen auf Schnäppchenjagd und machen ihren letzten Fang. Tausende Artikel gibt es – Köder, Posen, Rollen, Ruten – „von Angelhaken bis Zandergummi“, wie Gniewotta sagt. Allein von den Gummiködern gibt es über 300 verschiedene Sorten. Auch Maiskörner mit Erdbeergeschmack hat Gniewotta im Angebot. In einer Glasvitrine liegen noch ein paar Jerkbaits, handgroße Hechtköder, die wie Kunstwerke aussehen. Daniel Gniewotta schnitzt die Köder aus einem Hartschaumblock, schleift und bemalt sie. Jedes Teil ist ein Unikat.

Neben dem Anglerbedarf gibt es im Fisherman‘s Friend Shop auch Outdoorklamotten, Uniformen oder Seemannssäcke. Wenn etwas übrig bleibt, will Gniewotta die Sachen der Stadtmission spenden.

Er muss sich jetzt erstmal einen neuen Job suchen, wahrscheinlich im Handel, sagt er. Was aus dem Laden zukünftig wird, steht in den Sternen. Vielleicht zieht eine Boutique ein, ein Späti oder ein Friseur, rätseln die Hausbewohner. Sie verlieren auf jeden Fall ihren Angel-Daniel, der auch immer Pakete für das Haus angenommen hat.

In den Räumen gab es in den 1940er-Jahren das Wirtshaus zum alten Fritz. Auch zu Ost-Zeiten war wenige Meter hinter der Mauer an der Bernauer Straße eine Kneipe. Nicht auszuschließen, dass wieder Zapfhähne installiert werden.

Autor:

Dirk Jericho aus Mitte

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