Ertüchtigung statt Neubau
Architektenkammer fordert Umdenken – nicht nur beim Haus An der Urania
Das Hochhaus An der Urania 4-10 gehört dem Land Berlin. Es entstand in den 1960er-Jahren nach den Plänen des Architekten und ehemaligen Senatsbaudirektors Werner Düttmann. Nun soll es nach umfangreicher Schadstoffsanierung abgerissen werden.
Das hat die Architektenkammer Berlin und eine Reihe von Bauexperten auf den Plan gerufen. Sie forderten nun auf einer Veranstaltung in der Akademie der Künste: „Bestandsertüchtigung statt Neubau!“ „Umdenken statt Abreißen” ist auch die Forderung der Initiative „an.ders URANIA“, einem Zusammenschluss von Studierenden und Lehrenden der Universität der Künste.
Richtete sich deren Forderung auf den Einzelfall, so gingen Kritik und Forderung der Präsidentin der Architektenkammer, Theresa Keilhacker, weiter: „Wir wünschen uns für alle öffentlichen Liegenschaften, die sich in einem gedanklichen Umplanungsprozess befinden, dass dafür seitens der Politik eine Machbarkeitsstudie pro Bestandsertüchtigung zwingend vorgeschrieben wird. Abriss ist angesichts von notwendiger Ressourcenschonung und CO₂-Einsparung von gestern. Den Bestand aus baukulturellen, aber auch aus klima- und sozialpolitischen Gründen zu nutzen, ist oberstes Gebot.“
Das Argument Klimaschutz wusste auch Prof. Norbert Palz, Präsident der UdK, auf seiner Seite: „Will Berlin seine Klimaziele einhalten, darf Architektur nicht länger Spielball kurzfristiger ökonomischer Interessen sein.“ Ein weiteres Argument finde sich, so der Leiter des Natural Building Lab der TU, Prof. Eike Roswag-Klinge, bei der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung von Rückbauprojekten. So forderte er, „die Kosten ganzheitlich zu betrachten und die fachgerechte Schadstoffsanierung, den sortenreinen Rückbau und die Umweltfolgewirkungen der zu zerstörenden Bausubstanz mit 205 bzw. 800 Euro pro Tonne CO₂-Äquivalente laut Umweltbundesamt einzubeziehen“.
Für den konkreten Fall des Düttmannschen Gebäudes sah auch der Sachverständige für Schadstoffe in Innenräumen und an Gebäuden, Martin Hoffmann, keinen Grund, die ja bereits weitgehend beseitigte Schadstoffbelastung zum Anlass für einen vollständigen Rückbau zu nehmen. Der Konsens: Die Ausschreibung für den maschinellen Rückbau des Hochhauses sofort stoppen und einen „Wettbewerb zur Ertüchtigung des Gebäudes und Weiterentwicklung des Standorts“ ausloben.
Autor:Uwe Lemm aus Mahlsdorf |
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