Die wechselvolle Geschichte der Königskolonnaden

Eduard Gaertner malte 1835 die Hallenanlage über dem Festungsgraben am östlichen Eingang zur Stadt in der Nähe des Alexanderplatzes. Das Gemälde ist im Besitz des Stadtmuseums Berlin. | Foto: KEN
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  • Eduard Gaertner malte 1835 die Hallenanlage über dem Festungsgraben am östlichen Eingang zur Stadt in der Nähe des Alexanderplatzes. Das Gemälde ist im Besitz des Stadtmuseums Berlin.
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Wir lassen die Nadel des Kiezkompasses in Richtung Heinrich-von-Kleist-Park ausschlagen. Eine Ausstellung im Ephraim-Palais mit Berlin-Bildern aus drei Jahrhunderten (Die Schönheit der großen Stadt; bis 26. August) hat unser Interesse geweckt.

Eduard Gaertners Ölbild „Königsbrücke mit den Königskolonnaden“ lädt ein zu einer Zeitreise und einem Puzzlespiel im Stadtraum. Anlass für den Berliner Architekturmaler des 19. Jahrhunderts, die beiden Monumente, Brücke und Kolonnaden zu malen, war wohl die umfassende Sanierung der Kolonnaden 1831/32 durch den Magistrat der Stadt.

Präzise wie ein Architekt und vielleicht unter Verwendung einer Camera obscura hat Eduard Gaertner (1801-1877) einen Augenblick städtischer Betriebsamkeit stimmungsvoll festgehalten. Ein Sommertag: Am Himmel ziehen weiße Wölkchen und dunkleres Gewölk vorüber. Ein Karren, beladen mit in weißer Plane eingepackter Ware, verlässt die Stadt. Der Kutscher sitzt lässig quer auf dem vorgespannten Pferd. Ein Mann hingegen, zu erkennen an einem Hut, trägt ein Bündel auf dem Rücken und strebt der Stadt zu. Im Bildhintergrund bevölkern Männer mit Hüten und Frauen mit Hauben die Szenerie.

Vorbei und vergessen. Berlin, eine Stadt, die dazu verdammt ist, immer zu werden und nie zu sein. Industrialisierung, Bevölkerungszuwachs, Bombenkriege taten ihr Übriges. Die Brücke auf Gaertners Bild existiert nicht mehr. Hier steht heute der Bahnhof Alexanderplatz. Die Kolonnaden, in Anlehnung an die einstige Königsstraße „Königskolonnaden“ genannt, sind erhalten geblieben und haben eine andere Aufgabe bekommen: als würdiger Hauptzugang zum neugeschaffenen Heinrich-von-Kleist-Park auf dem Areal des alten Botanischen Gartens.

1910 war das. Das Sandsteinmonument mit Säulen und Figuren, die von Handel und Gewerbe erzählen, 1777 bis 1780 von der Berliner Steinmetzfirma Zeidler & Wimmel nach Plänen des aus Mannheim stammenden Architekten Carl von Gontard geschaffen, war zu nichts anderem da als Straße und Brücke zu schmücken. 1882 wurde die Brücke abgerissen. Sie war dem neuen Stadtbahn-Viadukt im Wege. Die Kolonnaden blieben ohne ihren früheren Bezug stehen, ein Torso.

1905 hatten zwei Berliner Architekten mit Geld mehrere Grundstücke an der Stelle gekauft. Die Kolonnaden gehörten auch dazu. Sie sollten erst mit einem riesigen Warenhaus und später mit einem Büro- und Geschäftshaus bebaut werden.

Jetzt waren die Königskolonnaden Kommerz und Städtebau im Weg. Aber immerhin riss man sie nicht ab. Sie wurden abgetragen und an der Potsdamer Straße wieder aufgebaut und zwar auf die Mittelachse des Kammergerichts ausgerichtet, dessen Neubau seit 1909 auf der Westseite des Parks entstand.

So ist also in Schöneberg ein Stück Berliner Geschichte erhalten geblieben. Zur Betrachtung nimmt man am besten eine Kunstpostkarte von Eduard Gaertners Gemälde mit.

Autor:

Karen Noetzel aus Schöneberg

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