Ein Abbild der letzten 100 Jahre
Genossenschaftliches Wohnen Berlin-Süd und „Lindenhof“ feiern Jubiläum
Es gibt sie: die an ein schmuckes Dorf auf dem Lande erinnernde Idylle in der Großstadt. Sie liegt am südlichsten Zipfel Schönebergs: der Lindenhof.
Die Siedlung ist die älteste und größte der Genossenschaftliches Wohnen Berlin-Süd eG (GeWoSüd). In diesem Jahr feiern Lindenhof und Genossenschaft 100-jähriges Bestehen. Am 17. Mai war Auftakt für die Feierlichkeiten. Der Regierende Bürgermeister ließ sich auf einem Rundgang vom Vorstandsvorsitzenden Norbert Reinelt die Siedlung zeigen. In seinem Grußwort zur Chronik schreibt Michael Müller (SPD), bereits vor 100 Jahren sei der Lindenhof wegweisend gewesen. „Der Bau dieser Siedlung mit gutem Wohnraum zu günstigen Konditionen, zahlreiche Gemeinschaftseinrichtungen und die Möglichkeit der Selbstversorgung in Hausgärten, war seiner Zeit eine Pionierleistung.“
Der Lindenhof sei architektonisch ein Abbild der letzten 100 Jahre, erläutert Norbert Reinelt. Hier seien alle Bauphasen ablesbar, angefangen bei der Gartenstadt von 1919, die geprägt gewesen sei von den Architekten Martin Wagner, Bruno Taut und Leberecht Migge. Es folge die Erweiterung in den 30ern, der Wiederaufbau in den 50er-Jahren, das Hochhaus am See aus den 60ern, der öffentlich geförderte Wohnungsbau der 70er-Jahre bis hin zu den modernen Neu- und Dachausbauten. In den vergangenen 25 Jahren hat die GeWoSüd 169,8 Millionen Euro für Neubau, Modernisierung und Sanierung investiert. Seit 1992 wurden 240 Wohnungen geschaffen, in der Hauptsache durch „Nachverdichtung“, zum Beispiel durch Dachausbau.
Der Lindenhof umfasst 224 Häuser, 155 Mehrfamilien- und 69 Einfamilienhäuser, mit insgesamt 1275 Wohnungen. Das Angebot reicht von der Ein- bis zur Sechszimmerwohnung und zum Reihenhaus mit Garten. Der Bestand steht unter Denkmalschutz. „Auch jeder Baum“, betont der Vorstandschef Norbert Reinelt. Rund 1500 der 5000 GeWo-Süd-Mitglieder wohnen hier.
Beim genossenschaftlichen Modell erwerben Mitglieder Anteilsscheine; bei der GeWoSüd mindestens drei zum Preis von 150 Euro pro Stück. Die Mitglieder zahlen keine Miete sondern eine Nutzungsgebühr. Sie liegt derzeit im Durchschnitt bei 6,02 Euro je Quadratmeter, auch für Neuvermietungen. Dementsprechend ist die Nachfrage groß, Genossenschaftsmitglied zu werden, so Vorstandsmitglied Matthias Löffler.
Die GeWoSüd tut viel für die Gemeinschaft. In Schöneberg, Tempelhof, Weißensee und Neukölln stehen Gästewohnungen zur Verfügung, die für 40 Euro pro Tag angemietet werden können. In Tempelhof-Schöneberg gibt es ein Mehrgenerationenhaus mit 32 barrierefreien Seniorenwohnungen, Gemeinschaftsräumen, familiengerechten Wohnungen, Sozialstation und Arztpraxis. Hilfsbedürftigen Bewohnern gehen die „Helfer im Kiez“ im Alltag zur Hand. Das „Café am See“, ein umgebautes Lagerhäuschen von 16 Quadratmetern, bietet ein günstiges Mittagessen.
Für die Annalen: Nach dem Ersten Weltkrieg baute die Stadt Schöneberg eine Gartenstadt. 1922 verkaufte sie diese an die 1921 gegründete Genossenschaft Siedlung Lindenhof. Die Nazis zwangsfusionierten 1942 diese Genossenschaft mit der 1919 gegründeten Gemeinnützigen Landerwerbs- und Baugenossenschaft Dahlem-Schmargendorf (Landbau) zur GeWoSüd. Bei Bombardierungen wurden viele Wohnungen zerstört. Nach 1950 kamen die Wohnungen im Osten unter Verwaltung der Kommunalen Wohnungsverwaltung, im Westen wurde fleißig wiederaufgebaut. Nach der Wiedervereinigung erhielt die Genossenschaft ihr Eigentum im Osten zurück. Die Sanierung begann, 2005 die der Bauten im Lindenhof. Der Lindenhof hat es sogar in die Literatur geschafft. Der im vergangenen Jahr verstorbene Berliner Autor Horst Bosetzky („-ky“) hat im Auftrag der Genossenschaft einen Familienroman geschrieben. Gerhard Wohlert-Südhoff und die Seinen leben, lieben und streiten über mehrere Generationen hinweg im Lindenhof und anderen GeWoSüd-Siedlungen (www.jaron-verlag.de).
Weitere Informationen zum Jubiläum auf https://100gewosued.de/jubilaeum/.
Autor:Karen Noetzel aus Schöneberg |
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