Von den Nazis umbenannt
Grüne wollen Infotafel zu geschichtlichem Hintergrund am Grazer Platz

Die Blockrandbebauung am Grazer Damm entstand 1938 bis 1940 und war das größte Wohnungsbauprojekt der NS-Zeit. | Foto:  Ulrike Martin
3Bilder
  • Die Blockrandbebauung am Grazer Damm entstand 1938 bis 1940 und war das größte Wohnungsbauprojekt der NS-Zeit.
  • Foto: Ulrike Martin
  • hochgeladen von Ulrike Martin

Am Grazer Platz soll künftig eine Tafel über die Umbenennung des Platzes durch die Nationalsozialisten und die Geschichte dahinter informieren.

Das Vorhaben geht auf einen Antrag der Grünen-Fraktion in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) zurück. Nach der Beratung im Ausschuss für Weiterbildung und Kultur wurde der Antrag in der BVV einstimmig beschlossen. In die Konzeption und den Erstellungsprozess der Tafel soll die Evangelische Philippus-Nathanael-Gemeinde einbezogen werden, deren denkmalgeschützte Kirche auf der Westseite des Platzes steht.

Die Nathanael-Kirche liegt am westlichen Rand des Platzes. | Foto:  Ulrike Martin
  • Die Nathanael-Kirche liegt am westlichen Rand des Platzes.
  • Foto: Ulrike Martin
  • hochgeladen von Ulrike Martin

Von 1928 bis 1939 hieß das rechteckige Areal nach der Kirche Nathanaelplatz. Die Umbenennung des Platzes sowie die Benennung des Grazer Damms, der für die dort von 1938 bis 1940 errichteten Siedlungshäuser neu angelegt wurde, erfolgte am 27. März 1939. Einer der Gründe für die Namenswahl war der „Anschluss“ des Bundesstaates Österreich ins Deutsche Reich. Die Stadt Graz galt damals als besonders nationalsozialistisch geprägt. Aber es ging auch um den Apostel Nathanael, einen der Jünger Jesu, der als jüdischer Namensgeber nicht erwünscht war.

Die Siedlung zwischen Vorarlberger Damm und Prellerweg, errichtet von der Gemeinnützigen Siedlungs- und Wohnungsbaugenossenschaft (GSW), wurde als Blockrandbebauung gestaltet. Sie besteht aus sechs Häuserblöcken, zwei westlich, vier östlich der namensgebenden Straße. Das Besondere an der Anlage – mit mehr als 2000 Wohnungen das größte Wohnungsbauprojekt der NS-Zeit – waren laut Landesdenkmalamt Berlin die ungewöhnliche Weite der Blockinnenbereiche und die Öffnungen in den Häuserreihen. Diese Maßnahmen verwiesen auf die bereits 1938 vor Kriegsbeginn eingeführten Luftschutzbestimmungen. So sollte der Kamineffekt bei Feuer vermieden werden und der Luftdruck von Bomben entweichen können.

Baumallee am Rand des Grazer Platzes. | Foto:  Ulrike Martin
  • Baumallee am Rand des Grazer Platzes.
  • Foto: Ulrike Martin
  • hochgeladen von Ulrike Martin

Die architektonisch sparsam gestalteten Häuser entsprachen den bereits im Jar 1935 verordneten Vorgaben für „Volkswohnungen“ – einfachste, billige Mietwohnungen ohne Zentralheizung, Warmwasser und Balkon. Die Siedlung stand zudem im Zusammenhang mit dem geplanten Ausbau Berlins zur „Welthauptstadt Germania“ des Architekten Albert Speer. Die Wohnungen wurden den sogenannten Abrissmietern zur Verfügung gestellt, die von den vorgesehenen oder bereits erfolgten Flächenabrissen für Speers Pläne betroffen waren.

Einige Häuser wurden im Zweiten Weltkrieg zerstört und zum Teil wieder aufgebaut. Trotz der Verluste gilt die Siedlung als ein wichtiges Zeugnis nationalsozialistischen Städtebaus.

Über all diese Fakten soll nach dem Willen der Bezirksverordneten künftig eine Tafel am Grazer Platz informieren.

Autor:

Ulrike Martin aus Neukölln

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

21 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

Gesundheit und MedizinAnzeige
Gallensteine sind ein häufiges, aber oft unterschätztes Gesundheitsproblem.  | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Patienten fragen
Steine in der Gallenblase – was nun?

Gallensteine sind ein häufiges, aber oft unterschätztes Gesundheitsproblem. Etwa jede fünfte Person in Europa ist betroffen, und fast die Hälfte entwickelt im Laufe des Lebens Beschwerden. Diese äußern sich meist in Form von wiederkehrenden Schmerzen, insbesondere im rechten Oberbauch. In einigen Fällen können Gallensteine zu ernsthaften Komplikationen wie einer Entzündung der Gallenblase führen. Die bevorzugte Therapie bei Beschwerden ist die operative Entfernung der Gallenblase – in der Regel...

  • Reinickendorf
  • 12.02.25
  • 107× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Informieren Sie sich über Intensivmedizin. | Foto: 2022 Tomasz Kuzminski

Infoabend am 11. Februar
Grenzen und Möglichkeiten der Intensivmedizin

Die Intensivmedizin hat erstaunliche Fortschritte gemacht und bietet schwerstkranken Patienten Überlebenschancen, die früher undenkbar waren. Doch wo liegen die Grenzen dieser Hochleistungsmedizin? Welche technischen, personellen und ethischen Herausforderungen gibt es? Besuchen Sie unseren Infoabend mit Priv.-Doz. Dr. Stephan Kurz und erfahren Sie, wie intensivmedizinische Maßnahmen Leben retten, aber auch komplexe Entscheidungen erfordern. Was geschieht, wenn Therapieoptionen ausgeschöpft...

  • Reinickendorf
  • 29.01.25
  • 778× gelesen
Gesundheit und Medizin
Das Dominikus Krankenhaus informiert zur Robotik-Chirurgie bei Hüft- und Knieschmerzen. | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Moderne Behandlung bei Hüft- und Knieschmerzen
Informationsabend Robotik-Chirurgie

Hüft- und Knieschmerzen beeinträchtigen die Lebensqualität und werden oft durch Verschleiß, Unfälle oder Fehlstellungen verursacht. Moderne Technologien wie die Robotik-Chirurgie bieten neue Möglichkeiten für eine präzisere und minimalinvasive Behandlung. Am 4. Januar laden wir Sie herzlich zu einem Informationsabend ein, bei dem Chefarzt Tariq Qodceiah, Leiter des Caritas Hüftzentrums, die Vorteile der Robotik-Chirurgie bei Hüft- und Knieschmerzen erläutert. Er erklärt, wie diese innovative...

  • Reinickendorf
  • 12.02.25
  • 96× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.