Bauherr stellt Pläne vor
Innenausbau vom Gasometer beginnt
Seit einigen Wochen wird die „Jauch-Kuppel“ demontiert. Der Innenausbau des Gasometers auf dem EUREF-Campus läuft auf Hochtouren. Was der Eigentümer vorhat, wo das Bezirksamt mitgeht und was die Anwohner dazu sagen, war Thema einer öffentlichen Videokonferenz. Größter Kritikpunkt: Gebaut werden soll 14 Meter höher als ursprünglich geplant.
Talkmaster Günther Jauch ließ dort seine Gäste schwitzen. Zuletzt war sie Veranstaltungslocation. Nun heißt es: tschüss, Glaskuppel. Seit Mitte Januar wird sie demontiert. Der Eigentümer des Gasometers, die EUREF AG, ließ die zerlegte Kuppel nach Düsseldorf bringen, wo das Unternehmen nach Berlin einen zweiten „Campus“ eröffnet.
B-Plan liegt noch bis 24. Februar aus
Der Abbau der Traglufthalle im alten Gasometer läutet den geplanten Innenausbau des Denkmals ein. Im vorigen September hatte das Bezirksamt beschlossen, den alten Bebauungsplan aus dem Jahr 2009 für den früheren Gasag-Standort am S-Bahnhof Schöneberg wiederaufzunehmen. Das Verfahren läuft bereits, der modifizierte B-Plan liegt noch bis zum 24 Februar öffentlich aus.
Anwohner kritisieren Pläne des Bauherren
Viele Anwohner kritisieren jedoch die Pläne des Eigentümers. Der will im Inneren des kreisrunden Gasometergerüsts ein Bürogebäude bauen und zwar 71 Meter hoch. Das sind 14 Meter mehr als die im alten B-Plan festgelegte Oberkante von 57 Metern. „Das ist so nicht akzeptabel“, sagte Johannes Zerger bei der Videokonferenz. Er ist Sprecher der Bürgerinitiative „Gasometer retten“, die sich im Oktober 2020 gegründet hat. Mit ihm teilten rund 7000 Anwohner die Sorge, dass der denkmalgeschützte Gasometer „bis zur Unkenntlichkeit verunstaltet“ werde, so Zerger weiter. Die BI hatte deshalb bereits das Bezirksamt und die Denkmalbehörden angeschrieben sowie bei einer Online-Petition rund 6500 Unterschriften gesammelt. Denn ihrer Meinung nach werde der geplante Neubau bis ins oberste Geschoss das filigrane Stahlgerüst, das zum Wahrzeichen der Roten Insel in Schöneberg geworden sei und zur Stadtsilhouette Berlins gehöre, zerstören. „Noch sieht man hier malerische Sonnenuntergänge und schöne Gewitter“, bemerkte Zerger. Das Hochhaus im Gasometer dürfe deshalb die 57 Meter nicht überschreiten, damit wenigstens zwei Gerüstgeschosse und die Krone frei bleiben – wie es auch der Verein „Denk mal an Berlin“ fordert.
Johannes Zerger warnte außerdem vor einer „massiven Verschattung“ des angrenzenden Altbauquartiers, dem Lichtsmog, der vom neuen Bürohaus ausgehe, dem steigenden Autoverkehr, Lärm und Abgasen. Außerdem gebe es in der „Schöneberger Linse“ doch viele neue Büroflächen und somit keinen Grund, den Gasometer zuzubauen.
Kein Platz mehr auf dem Campus
Das sah Reinhard Müller anders. Denn mit dem Neubau im Gasometer entstünden auf zwölf Etagen immerhin 2000 neue Arbeitsplätze, betonte der EUREF-Vorstandschef. Die Frage, ob dafür nicht noch Platz auf dem Campus sei, verneinte Müller. Der Campus sei voll vermietet. Auf die kritisierte Höhe des Bürohauses im Innern des Gasometers ging Müller nicht weiter ein, gab aber einige Details bekannt. So soll die überwiegend gläserne Fassade eine hohe Transparenz des Gebäudes gewährleisten. In den oberen Etagen entstehen hinter der Stahl-Glas-Fassade Räume für Präsentationen und Events. Ganz oben wird eine öffentlich zugängliche Skylounge mit Terrasse errichtet – mit Rundblick aus rund 66 Metern Höhe auf Berlin. Der oberste Stahlring bleibt frei. Im grünen Stahlmantel wiederum, also im unteren Teil des Gasometers, ist ein Konferenzzentrum geplant, im unteren Erdgeschoss eine Tiefgarage. Zwischen Neubau und Stahlgerüst soll ein Meter Abstand sein. Bauen will EUREF denkmalgerecht und energieeffizient – wie bei den anderen Campus-Neubauten. Licht brennt in den Büroräumen nur, wenn dort gearbeitet wird. „Abends und nachts wird der Gasometer mit Jalousien verdunkelt“, so Müller. Mehr als 200 Millionen Euro investiert der Bauherr in den Ausbau. Mit jedem Geschoss wird gleichzeitig auch das historische Stahlgerüst instandgesetzt – unter Einsatz von Laser- und Sandstrahltechnik. Bis Ende 2023 soll das Projekt fertig sein.
Kompromiss zwischen Bezirksamt und Bauherr
Die höhere Bebauung im Gasometer ist eine Art Kompromiss zwischen Bezirksamt und Bauherr. So sieht der modifizierte B-Plan für das gesamte EUREF-Gelände eine reduzierte Geschossfläche von 163 800 auf 135 000 Quadratmeter vor. Im Gegenzug erhöht sich die Fläche im Gasometerhaus. Wobei Baustadtrat Jörn Oltmann (Grüne) bei der Videokonferenz anmerkte, dass die Neubauhöhe noch nicht abschließend geklärt sei. Außerdem entfällt eine weitere Zufahrtsstraße vom Autobahnkreuz Schöneberg auf den Campus. Die hätte EUREF bezahlen müssen. Die Straße sei allerdings auch nicht nötig gewesen, so der Baustadtrat. Das hätte das eigene Verkehrsgutachten des Bezirksamtes von Dezember 2019 ergeben, wonach der ÖPNV stärker genutzt werde. Auf dem Campus ist außerdem ein L-förmiger Neubau für eine dreizügige Grundschule geplant. Stadtrat Oltmann erinnerte Reinhard Müller zudem daran, die alte Gasag-Brücke vom S-Bahnhof Schöneberg zum Campus nutzbar machen zu wollen – abgestimmt mit der Bahn: „Wir müssen beim Verkehr alles möglich machen, was machbar ist.“
Und wie geht es im B-Planverfahren weiter? Nach der öffentlichen Auslegung folgt die Beteiligung von Behörden und Trägern. Dann muss die BVV noch dem Abwägungsergebnis aus den Beteiligungen zustimmen.
Autor:Ulrike Kiefert aus Mitte |
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