Mit Stadtgänger Bernd S. Meyer im Heinrich-von-Kleist-Park

Schöneberg. Der Kleistpark, grüne Oase um Schönebergs Potsdamer Straße, bekam seinen Namen 1911, 100 Jahre nach dem Freitod des Dichters Heinrich von Kleist. Schönebergs Stadtgartendirektor Brodersen baute den Platz des alten Botanischen Gartens zum Park des Kammergerichts um.

Das Gericht hatte fast 200 Jahre im Collegiengebäude Lindenstraße residiert, nun saß es in einem Palast im Stile des Wilhelminischen Barock. Im Spätmittelalter in kurfürstlichen „Kammern“ gegründet, blieb das Kammergericht, nun als Berliner Oberlandesgericht, ältestes deutsches Gericht.

Der später unter Pseudonym Sebastian Haffner bekannt gewordene Publizist Raimund Pretzel sah hier 1933 während seiner Assessorausbildung, wie jüdische Richter von SA-Trupps aus ihren Büros gejagt wurden. Er ging ins englische Exil, war fern der Hochverratsprozesse des höchsten ordentlichen preußischen Gerichts mit vielen Todesurteilen, auch fern dem späteren Wüten des Sondertribunals Volksgerichtshof. Nach dem Kriegsende zog der Alliierte Kontrollrat, nun oberste Machtbehörde in Deutschland, hier ein. Und 1971 wurde im Plenarsaal das Viermächteabkommen unterzeichnet.

Der Park erlebte Veränderungen. 1945 gestaltete Gartenarchitekt Georg Pniower, der in der Nazizeit Berufsverbot hatte und 1946 Professor der Berliner Universität wurde, ihn im alliierten Auftrag zum repräsentativen Entree des Kontrollrats um.
Vor dem Gericht stehen zwei Plastikgruppen – Mensch und Pferd, Geschenk des Zaren Nikolaus I. an König Friedrich Wilhelm IV. Platziert am Stadtschloss, fanden sich die „Rossebändiger“ nach dem Krieg hier: „Edlere Pferde als jeder preisgekrönte Hengst“, so der Zar. Eine Geniusstatue mitten im Park war Sockelfigur am Reiterstandbild Friedrich Wilhelm III. im Lustgarten, das nach dem Krieg entfernt wurde.

Auffälligste und zugleich älteste Parkzier sind die mächtigen, vielfach geflickten friderizianischen Königskolonnaden am Zugang Potsdamer Straße. Sie wechselten 1910 von der Rathausstraße, direkt am S-Bahnhof Alexanderplatz hierher. Der Magistrat freute sich, dass er die Brücken-Überbleibsel des beim Stadtbahn-Bau zugeschütteten Königsgrabens endlich los war.

Die 127. monatliche Plätze-Führung mit Bernd S. Meyer, dem Mann mit der Leiter, beginnt am Sonnabend, 18. Juli, um 11 Uhr. Treff: Kurt-Hiller-Park (Grunewaldstraße 94) Verkehrsverbindung: U7 Kleistpark.

Die Teilnahme ist für Leser der Berliner Woche kostenlos. Allerdings ist eine Anmeldung erforderlich: Am Freitag, 17. Juli, von 10 bis 12 Uhr anrufen unter 25 93 04 97 84 26.
Autor:

Bernd S. Meyer aus Mitte

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