Adelbert von Chamisso, eine Zentralstelle und eine Radrennkatastrophe

Heinrich-von-Kleist-Park: Die Eiche aus Zeiten des Botanischen Gartens ist ein Naturdenkmal. | Foto: KEN
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Das 17 Meter hohe Palmenhaus machte Furore, gewiss das „Victoriahaus“ für die größte Teichrose der Welt, die Victoria regia, und auch das Orchideenhaus, das Sukkulentenhaus, ein „Schülfenhaus“ für Schilfpflanzen und das Museum, heute das Haus am Kleistpark. Der Botanische Garten in Schöneberg war eine Reise wert.

Das in den 1880er-Jahren rund 9,4 Hektar große Areal an Potsdamer und Grunewaldstraße bot zudem im Außenbereich Moorbeete, ein Alpinum, einen Garten für Nutz- und einen für Heilpflanzen sowie große Flächen für mindestens 26 verschiedene Stauengewächse.

Der Botanische Garten war rund 200 Jahre früher aus dem Hopfengarten des Großen Kurfürsten beim Dorf Schöneberg entstanden. Friedrich Wilhelm hatte seinen Hofmedikus, Hofbotanikus und Alchemisten Johann Sigismund Elßholz beauftragt, den Garten in einen größeren Hof- und Küchengarten umzugestalten. Gleichzeitig wurde ein landwirtschaftlicher Mustergarten angelegt. Ab 1718 hieß die Anlage Botanischer Garten und wurde im heutigen Sinne dazu ab 1801.

Sein berühmtester Direktor war Adelbert von Chamisso (1781-1838). Der französische Adelsflüchtling, Botaniker, Forschungsreisende und Dichter des „Peter Schlemihl“ übernahm 1819 zunächst stellvertretend das Amt des „Aufsehers der Pflanzen“. 1833 wurde er dann erster Kustos.

Adelbert von Chamisso hatte viel illustren Besuch. Unter anderem fanden die Dichterfreunde Joseph von Eichendorff, Friedrich de la Motte Fouqué, Karl Immermann und Wilhelm Müller den Weg nach Schöneberg.

Während der deutschen Kolonialzeit entwickelte sich der Botanische Garten zu einem wichtigen Standort für die Erforschung der fremden Flora und ihrer Nutzbarmachung für Plantagen und Handel. Wie in einer Ausstellung im Museum Schöneberg 2017 zu erfahren war, gründete der damalige Direktor 1891 die Botanische Zentralstelle. Die Mitarbeiter analysierten, züchteten und versandten tropische Nutzpflanzen oder deren Samen, bildeten Gärtner für ihren Einsatz in den Kolonien aus und machten ein breites Publikum mit exotischen Gewächsen wie Kakao, Kaffee und Baumwolle bekannt.

Die Zentralstelle entwickelte sich rasch zu einer internationalen Einrichtung. Der Botanische Garten in Schöneberg wurde bald zu klein für den Zweck und 1899 bis 1910 auf eine sechsmal größere Fläche der Domäne Dahlem verlegt.

Der alte Garten mit einem Teil seines Baumbestandes konnte, um die Hälfte geschrumpft, als Heinrich-von-Kleist-Park überdauern. An der Stelle der früheren Glashäuser entstand zwischen 1909 und 1913 das Preußische Kammergericht. Und von der Königsbrücke am Alexanderplatz wurden 1910 die 130 Jahre alten Königskolonnaden an den Parkzugang in der Potsdamer Straße versetzt.

Zum Abschluss noch ein „Blaulicht“ aus vergangenen Tagen. Als der Botanische Garten noch nicht Stadtpark war, baute man in einer Ecke die Radrennbahn „Botanischer Garten“. Der Radsport war damals so populär wie heute Fußball. Am 18. Juli 1909 feierte man die Einweihung der hölzernen Sportanlage mit einem großen Rennen. Sie wurde zur Katastrophe. Ein Schrittmacher-Motorrad kriegte die Kurve nicht, schleuderte ins Publikum und explodierte. Neun Menschen starben, mehr als 40 wurden schwer verletzt. Die Radrennbahn wurde abgerissen. Katastrophe am 18. Juli 1909 auf der Radrennbahn „Botanischer Garten“.

Autor:

Karen Noetzel aus Schöneberg

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