Am liebsten sitze ich am Wasser: Frauen unterschiedlichster Herkunft denken über ihr Leben in Schöneberg Nord nach

Amira aus Syrien malte dieses Seidenbild passend zu ihren Eindrücken vom Leben in Berlin. | Foto: KEN
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Schöneberg. „Am liebsten sitze ich am Wasser, dann fühle ich mich leicht und fröhlich und träume.“ Das sagt Amira, eine Teilnehmerin des diesjährigen biographisch-künstlerischen Sommerferienprojekts des Pestalozzi-Fröbel-Hauses. Seine Ergebnisse werden derzeit im Nachbarschafts- und Familienzentrum Kurmärkische Straße gezeigt.

Amira – ihren Namen kennen wir nur, weil er im Zentrum ihres gemalten Bildes, einer Blüte, steht – stammt aus Damaskus und ist 37 Jahre alt. Nach der Flucht vor dem Bürgerkrieg in ihrem Heimatland lebt sie seit einem Jahr mit ihren beiden Kindern in Berlin. Amira wohnt am Landwehrkanal, was sie sehr schön findet. „Ich wünsche mir sehr, dass mein Mann auch bald kommen kann“, lässt Amira wissen, die in der syrischen Hauptstadt als Friseurin gearbeitet hat und das auch in Berlin gerne wieder täte. „Ich will Deutsch lernen und mich integrieren, die Mentalität hier verstehen“, sagt sie.

Eine andere Teilnehmerin stammt aus Trier. Sie hat Japanisch und Chinesisch studiert. Seit fünf Jahren wohnt sie mit ihrem Mann in Berlin. Sie ist 33 Jahre alt und hat einen kleinen Sohn. Ihre Erinnerungen an früher zeugen von einer behüteten Kindheit zwischen großväterlicher Gärtnerei, dem Spiel in Klosterruinen und Mutproben auf dem Kirschbaum. Am liebsten spielt die junge Mutter mit Freunden aus aller Welt Gesellschaftsspiele am großen Wohnzimmertisch. „Ich fühle mich frei, wenn wir dort in andere Welten abtauchen, wenn ich Bücher lese oder Geschichten spinne.“

Unterschiedlicher können Lebenserfahrungen und die Wahrnehmung der Welt nicht sein. Und doch finden diejenigen, die sie gemacht haben und machen, bei dem Projekt zusammen. Weil allen Menschen die Suche nach dem Glück, der Wunsch nach Frieden, Neugier, die Liebe zu Kultur und Musik, die Freude am Essen gemeinsam seien, sagt Jutta Husemann, Leiterin des Nachbarschafts- und Familienzentrums. „Die unterschiedlichen Nationalitäten und Altersgruppen sind in einen interkulturellen Dialog getreten, haben zusammengearbeitet, voneinander viel erfahren, sich gegenseitig geholfen und unterstützt“, schreibt Projektleiterin Maxi Juhnke im Vorwort zum Ausstellungskatalog. Für Juhnke ist das biographisch-künstlerische Arbeiten eine „wichtige Herangehensweise, um Kulturen miteinander zu verbinden und nicht geahnte Fähigkeiten spielerisch bewusst zu machen".

19 Frauen zwischen 18 und 70 Jahren aus neun Kulturkreisen haben teilgenommen. Alle leben im Schöneberger Norden. Sie haben algerische, ägyptische, bosnische, deutsche, griechische, indische, jemenitische, marokkanische und syrische Wurzeln. Die Künstlerinnen haben über ihr Leben in Berlin nachgedacht, ihre Gefühle zum Leicht- und Fröhlichsein aufgeschrieben, Bilder dazu assoziiert und malerisch umgesetzt. „Es gehört Mut dazu, so viel aus seinem Leben öffentlich preiszugeben“, lobt Maxi Juhnke.

Es ist das zehnte biographisch-künstlerische Sommerferienprojekt und vorerst auch das letzte. Maxi Juhnke hofft auf eine Fortsetzung, auch wenn die Finanzierung kein Leichtes ist.

In der vergangenen Dekade haben sich 210 Personen am Projekt beteiligt: Jugendliche, Frauen und Männer aus allen Generationen und fast allen Gegenden dieser Welt. 2010 gab es eine Gesamtausstellung der bis dahin durchgeführten Projekte im Rathaus Schöneberg.

„Ohne Maxi Juhnke hätte es das Projekt nicht gegeben“, sagt Jutta Husemann. Neben der Ausstellungsmacherin wirkten noch andere maßgeblich mit: die Architektin und Künstlerin Elka-L. Rueben, die Fotografin Marion Schütt und die Grafikerin Carola Bellach. KEN

Die Ausstellung „Ich fühle mich leicht und fröhlich“ ist bis Juni 2017 im Nachbarschafts- und Familienzentrum, Kurmärkische Straße 1-3, zu sehen; Öffnungszeiten: montags bis freitags, 9 bis 13 Uhr, montags bis donnerstags, 14 bis18 Uhr.
Autor:

Karen Noetzel aus Schöneberg

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