Ausstellung ist wie eine Zeitreise durch Schöneberg
Ein heißer Sommertag war es wohl. Ausgelassen toben Jungen und einige wenige Mädchen im Wasser. Die Kinder planschen im Brunnen auf dem Bayerischen Platz. Die Szenerie hat Bert Sass (1908-1981) im Bild festgehalten. Die Idylle trügt ein wenig. Im Hintergrund ist eine Hausruine zu sehen.
Es ist der 3. Juli 1953, acht Jahre nach Kriegsende. Die Trümmer sind noch längst nicht vollständig weggeräumt. Der Aufstand vom 17. Juni in Ost-Berlin, nur wenige Kilometer vom Sommervergnügen entfernt, liegt nur gut zwei Wochen zurück.
Ein Foto vom 1973 abgerissenen Sportpalast. "Das Bild hat Kindheitserinnerungen in mir geweckt", sagt Jutta Kaddatz. Dort habe sie ihr allererstes Popkonzert erlebt, erzählt Tempelhof-Schönebergs Kulturstadträtin. "Mit den Fotografien sind persönliche Erinnerungen verbunden", stellt Kaddatz bei der Eröffnung der Ausstellung "Kurt am Wittenbergplatz. Eine Zeitreise durch Schöneberg in Fotografien und Filmen". Das Haus am Kleistpark, Grunewaldstraße 6-7, zeigt mehr als 160 Fotos von 1875 bis in die Gegenwart. Historische Höhepunkte wie den Besuch des amerikanischen Präsidenten John F. Kennedy 1963, vor allem aber das Alltagsleben, wie die Aufnahme vom kleinen Kurt am Wittenbergplatz um 1905, der geradewegs zum Markenzeichen der Ausstellung geworden ist, Marktszenen, Passanten im wachsenden Verkehr, die baulichen Veränderungen im Stadtbild.
Dazu gibt es 70 Minuten Film aus dem ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts bis in die siebziger Jahre hinein. Die von Katharina Hausel kuratierte Bilderschau wird aus Anlass eines Jubiläums gezeigt. Schöneberg ist 750 Jahre alt geworden. Oder noch älter, wie Uwe Schaper, Direktor des Landesarchivs Berlin, vermutet.
Das Landesarchiv ist neben dem Archiv der Museen Tempelhof-Schöneberg Leihgeber der Fotos. "Das Gros der Bilder stammt aus der im Jahr 2000 aufgelösten Landesbildstelle", sagt Schaper. Eine Stadtbilddokumentation, wie es die Landesbildstelle betrieben habe, gebe es heute nicht mehr, so der Archivchef. Weswegen es Barbara Esch Marowski, Leiterin der Kommunalen Galerien, ein Anliegen ist, mit der Ausstellung eben diese dokumentarische Stadtfotografie wiederzubeleben.
Die Kuratorin hat die gezeigten Fotos aus 500 Aufnahmen ausgewählt. Die Werke stammen von bekannten und anonymen Fotografen. Zahlreiche Bilder sind noch nie öffentlich gezeigt worden. Besonders empfindliche alte Fotos werden im Original in einem abgedunkelten Nebenraum der Ausstellung gezeigt, in ihrem historischen Zusammenhang in den großen Ausstellungsräumen als Abzug.
Autor:Karen Noetzel aus Schöneberg |
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