Von wegen verstaubt
Barbara Esch Marowski arbeitet für ein gutes Renommee der Bezirksgalerien
Durch das Fenster schallen fröhliche Stimmen von der benachbarten Kita herauf. Wo einst Gartendirektor Adalbert von Chamisso seine Herbarien aufbewahrte, im zweiten Obergeschoss des historischen Botanischen Museums, werden heute hochkarätige Ausstellungen vorbereitet. Das Haus am Kleistpark ist die Wirkungsstätte von Barbara Esch Marowski.
Seit 2011 leitet die gebürtige Rheinländerin die drei kommunalen Galerien von Tempelhof-Schöneberg: neben dem Haus am Kleistpark, seit 1967 Ausstellungsort, sind das die Galerie im Rathaus Tempelhof und die Galerie im Tempelhof-Museum. Mit einem sehr kleinen Team auf anderthalb festen Mitarbeiterstellen organisiert Barbara Esch Marowski jedes Jahr insgesamt 15 Ausstellungen, fünf in jedem Haus. Unterstützt wird sie von zahlreichen freien Mitarbeitern.
Es vergehen bis zu zwei Jahre, bis eine Schau eröffnet werden kann. „Die Konzepte müssen wachsen“, sagt Barbara Esch Marowski. Als Beispiel nennt die Galerieleiterin das 100. Jubiläum „Groß-Berlins“, das 2020 gefeiert wird. Drei Monate brauche man für das Konzept. Ein Null-acht-fünfzehn-Verfahren gibt es nicht. „Jede Ausstellung ist anders. Das Wichtigste sind Offenheit, Flexibilität und gute Vernetzung.“
Danach gehe es ans Suchen von Kooperationspartnern und ans Schreiben von Förderanträgen. Barbara Esch Marowski hat ihr jährliches Budget. Es wird aber erwartet, dass sie Drittmittel einwirbt. Die Finanzierung scheint zu stimmen. Seit Kurzem kann sie ein Künstlerhonorar von 1500 Euro für eine Einzelausstellung vergeben. Barbara Esch Marowski sagt: „Die Unterstützung macht uns das Leben richtig einfacher. Ich mag nicht unzufrieden sein.“
Schneller als bei Ausstellungen geht es mit dem beliebten bezirklichen Kunstpreis. Von der Ausschreibung bis zur Verleihung benötigt das Galerie-Team nur sechs Monate. In diesem Jahr haben sich 450 Künstler beworben. Häufig übernimmt Tempelhof-Schönebergs Galerieleiterin auch Ausstellungen aus anderen Städten, so etwa aus den Hamburger Deichtorhallen „Zweite Heimat“ mit Arbeiten des deutschen Fotografen Peter Bialobrzeski.
Überhaupt, die künstlerische Fotografie. Sie ist ein besonderer Schwerpunkt von Barbara Esch Marowskis Arbeit. Was womöglich mit ihrer Biographie zusammenhängt. Sie machte eine Ausbildung zur Fotodesignerin im Lette-Verein und studierte an der Universität der Künste Kommunikationswissenschaften und Theorie der Fotografie.
Ob nun Werke zeitgenössischer Berliner Künstler, internationaler Foto-Künstler, kulturhistorisch Interessantes oder Projekte von gesellschaftlicher Bedeutung gezeigt werden, sei es in den 240 Quadratmeter großen Sälen im zweiten Obergeschoss oder im seit 2016 bestehenden, experimentellen „Projektraum für Fotografie“, stets begleitet von Rahmenprogrammen, Führungen und Filmabenden, um möglichst alle Bürger „mitzunehmen“: Barbara Esch Marowski stellt an die Ausstellungen hohe Anforderungen an Qualität, Ästhetik, Inhalt und Konzept. Denn ihr erklärtes Ziel ist es, das immer noch weitverbreitete Vorurteil zu entkräften, kommunale Galerien seien verstaubt. Ihr hoher Anspruch hat ist auch schon Kritik eingebracht. Sie fördere zu wenig Künstler aus dem Bezirk, wird ihr vorgeworfen. Dazu sagt die Galerieleiterin: „Sie kommen nicht zu kurz.“ Schließlich gebe es ja den Kunstpreis Tempelhof-Schöneberg – und die Tempelhofer Kunstausstellung für Semi-Professionelle. 70 Prozent der dort gezeigten Arbeiten stammten von Künstlern aus dem Bezirk. Auch viele Künstler, die sonst präsentiert werden, lebten und arbeiteten im Bezirk. „Aber wir schauen nicht extra drauf.“
Weitere Informationen: www.hausamkleistpark.de.
Autor:Karen Noetzel aus Schöneberg |
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