Schnapsflaschen statt Bleiglas
Die Zwölf-Apostel-Kirche feiert ihr 150-jähriges Bestehen

Blick aus der Genthiner Straße auf die Zwölf-Apostel-Kirche. | Foto: Schilp
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  • Blick aus der Genthiner Straße auf die Zwölf-Apostel-Kirche.
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Es war kein Geringerer als Kaiser Wilhelm I., der vor anderthalb Jahrhunderten, am 11. Juni 1874, die Zwölf-Apostel-Kirche einweihte. Das runde Jubiläum feiert die Gemeinde mit mehreren Veranstaltungen. Im Mittelpunkt steht die Schau „Mit äußerster Sparsamkeit“, die am Sonntag, 28. April, um 16 Uhr eröffnet wird.

Ihren Sitz hat die evangelische Kirche an der Kurfürstenstraße, die Adresse lautet An der Apostelkirche 1. Gebaut wurde sie vom Schinkel-Schüler Friedrich August Stüler. Die Ausstellung zeichnet mit historischen Plänen die stets von Geldmangel geprägte Entstehung des Gotteshauses und seinen Werdegang nach. Neben Entwürfen von Stüler und historischen Originalbausteinen sind Fotografien, Postkarten und Gemälde der Kirche zu sehen. Den historischen Aufnahmen werden Fotografien von heute gegenübergestellt.

Im Zusammenhang mit dem sakralen Gebäude gibt es einiges zu erzählen. So wurde dort 1877 der Zwölf-Apostel-Chor gegründet, der damit einer der ältesten Berliner Kirchenchöre ist. Auch die Namen von zwei mutigen Männern sind mit der Kirche verbunden. Adolf Kurtz war von 1922 bis 1948 Pfarrer der Zwölf-Apostel-Kirchengemeinde. Er gehörte der Bekennenden Kirche an und schützte in der Pogromnacht am 9. November 1938 jüdische Kinder und Familien und verhalf ihnen zur Flucht. Der berühmte Theologe Dietrich Boenhoeffer hielt in der Kirche bereits während der Olympiade 1936 den Vortrag „Das innere Leben der deutschen evangelischen Kirche“, mit dem er sich gegen das Nazi-Regime stellte. Mehr als 1000 Menschen kamen damals, um zuzuhören. Boenhoeffer wurde kurz vor Kriegsende im Konzentrationslager ermordet.

Fenster aus Ginflaschen

Eher kurios ist die Geschichte der Kirchenfenster auf beiden Seiten der Empore. Die Originalscheiben wurden im Krieg fast vollkommen zerstört, und danach war Glas rar. Da sprang die Spirituosenfirma Gilka ein und spendete 5000 Ginflaschen, die im Kirchenfenster wie Glasbausteine eingesetzt wurden. Durch die Luft in den Flaschen isolieren sie sogar den Raum. Bis heute bringt das schimmernde Grün der Flaschenfenster eine besondere Stimmung in den Kircheninnenraum. Die Fenster stehen unter Denkmalschutz und locken viele Besucher und Touristen an.

Heute liegt die Zwölf-Apostel-Kirche in einem Brennpunktgebiet, mit Straßenstrich und Drogenszene. Deshalb hat sich die Gemeinde von 1991 bis zur Corona-Pandemie mit dem Verein „Mittwochs-Initiative“ in der Aids-Prävention engagiert und Spritzentausch und Kondomausgabe für Drogenabhängige und Prostituierte angeboten. Heute gibt es einmal in der Woche eine ehrenamtliche Lebensmittelausgabe für Menschen mit wenig Einkommen.

Aber die Kirche grenzt auch an den Regenbogenkiez, darum besuchen viele Lesben, Schwule und transidentische Menschen das Gotteshaus. Regelmäßig finden queere Konzerte statt und die „GayChurch-Gottesdienste“ sind stets gut besucht.

Die Ausstellung läuft noch bis zum 7. Juni. Geöffnet ist werktags außer mittwochs von 14 bis 18 Uhr, sonnabends von 11 bis 15 Uhr und sonntags nach dem Gottesdienst. Der Eintritt ist frei. Das komplette Jubiläumsprogramm ist zu finden unter www.zwoelf-apostel-berlin.de/termine/jubilaeumsjahr-2024.

Blick aus der Genthiner Straße auf die Zwölf-Apostel-Kirche. | Foto: Schilp
Die ungewöhnlichen Fenster des Schöneberger Gotteshaus. | Foto:  Schilp
Autor:

Susanne Schilp aus Neukölln

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