Hier traf sich „tout Berlin“
Drei Salonnièren rund um den Nollendorfplatz
In Schöneberg war man oft seiner Zeit voraus. Es müsste korrekt heißen: „Frau“ war der Zeit voraus. Zwischen Nollendorf- und Winterfeldtplatz hatten während der Kaiserzeit drei Damen ihre Salon als Treffpunkte bürgerlich-liberaler Kreise.
Freiheit, Bildung und Selbstverwirklichung in einer von Männern dominierten Gesellschaft wollten die Frauen in ihren Salons finden. 90 gab es in Berlin zwischen 1780 und dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs.
Musiker, Literaten und Politiker, aber auch Mitglieder des kaiserlichen Hofs trafen sich immer freitags bei Gräfin Maximiliane „Maxe“ von Oriola. Die Tochter des Dichterehepaars Achim und Bettina von Arnim, geprägt vom Vormärz, der Epoche zwischen Julirevolution 1830 und Märzrevolution 1848/49, führte zunächst in der Bellevuestraße, dann in der Potsdamer Straße und zuletzt 1883 bis 1894 in der Bülowstraße 2 ihren Salon.
Petra Wilhelmy-Dollinger, eine Kennerin der Salons, schreibt über Maxe von Oriola, die sich unter anderem in der Krankenfürsorge engagierte, sie habe, obgleich eine Adlige, wenig Standesvorurteile gepflegt und eine eher bürgerlich-romantische Salontradition vertreten. Maximiliane von Oriola starb an Silvester 1894. Sie ruht auf dem katholischen Domfriedhof der St. Hedwigs-Gemeinde, Liesenstraße 8.
Unweit von Gräfin Maxe eröffnete 1910 die dreifach verwitwete Bertha Baronin von Arnswaldt, damals im 61. Lebensjahr, am Nollendorfplatz 7 ihren literarischen Salon. Heute steht dort ein Neubau mit Döner-Lokalen. Für ihre „Habitués“, wie man die wiederkehrenden Gäste nennt, darunter die Familie Rathenau, führte Baronin von Arnswaldt den bedeutendsten Berliner Salon. Es wurde leidenschaftlich debattiert. Bertha von Arnswaldt, die im Sommer 1919 starb, ruht auf dem Alten Zwölf-Apostel-Friedhof an der Kolonnenstraße.
Genannt sei als Dritte im Bunde der Schöneberger Salonnièren Emma Vely (1848-1934), ein Pseudonym von Emma Simon, geborene Couvely. Seit den 1890er-Jahren öffnete die Schriftstellerin jeden Montag die Tür zu ihrer Wohnung in der Maaßenstraße 14 für Literaten, Zeitungs- und Theaterleute aus dem bürgerlich-liberalen Milieu. Emma Vely ist in der Frauenbewegung ein Name. In ihren Romanen setzt sie sich für eine bessere Stellung der Frau und eine bessere Schulbildung für Mädchen ein. Sie selbst musste lange um Anerkennung kämpfen. In ihrem Tagebuch notiert sie am am 15. Juli 1893: „Seit ich denken kann, hieß es für mich: Arbeit, Arbeit, Entsagung großen Glücks – ein heimatloses Kind, trotz Mutter ohne Mutterliebe, dann wie der Vogel aus dem Nest geworfen und dann in eine unglückliche Ehe. (…) Und nichts verlange ich, wie dass meine Arbeit bezahlt und anerkannt wird.“ Emma Vely ruhte auf dem Friedhof Wilmersdorf, Berliner Straße 81-103. Ihr Grab ist nicht mehr vorhanden.
Autor:Karen Noetzel aus Schöneberg |
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