Der Katholik und der Kommunist
Erich Klausener und Alexander Schwab in der Keithstraße 8
Wir wissen nicht, ob sie sich näher kannten, ob sie mehr als ein "Guten Tag" miteinander wechselten. Erich Klausener und Alexander Schwab waren Nachbarn in der Keithstraße 8, zu ihrer Zeit Lutherstraße 47, und Nazigegner; der eine Katholik, der andere Kommunist.
Zwei Tafeln links und rechts des Hauseingangs erinnern an die Männer. Erich Klausener (1885-1934) wird seit 1988 mit einer Tafel in Kupferlegierung gedacht, Alexander Schwab (1887-1943) mit einer Berliner Gedenktafel aus KPM-Porzellan. Sie wurde 1999 enthüllt. Erich Klausener wohnte von 1925 bis 1934 in dem Haus. Von Alexander Schwab sind die genauen Jahreszahlen nicht bekannt.
Als die Nazis die Macht übernehmen, ist Erich Klausener, der aus Düsseldorf stammt, Ministerialdirektor, Leiter der Polizeiabteilung im preußischen Innenministerium. Er wird umgehend auf den unbedeutenden Posten des Leiters der Schifffahrtsabteilung im Reichsverkehrsministerium versetzt. Klausener spielt eine wichtige Rolle im politischen Katholizismus. Er leitet die Berliner Katholische Aktion. Die Laienbewegung der Katholischen Kirche will Gesellschaft und Kirche mitgestalten. Sie ist den Nazis ein Dorn im Auge.
Erich Klausener ist zunächst nicht unbedingt ein NS-Gegner. So glaubt er, die Bürokratie werde Hitler schon zähmen. Er begrüßt beispielweise die Einführung des „Eintopfsonntags“ und die Gründung der „Kraft durch Freude“-Organisation. Als aber deutlich wird, dass die Nationalsozialisten das mit der Katholischen Kirche geschlossene „Reichskonkordat“ laufend brechen, ändert sich Klauseners Haltung. Am 24. Juni 1934 spricht er vor 60 000 Gläubigen auf dem 32. Deutschen Katholikentag auf der Pferderennbahn Hoppegarten. Erich Klausener kritisiert die antikirchliche Politik der Nazis und wendet sich gegen ihre Ausgrenzung weltanschaulicher Kontrahenten.
Damit zieht er unmittelbar den Hass der Braunen auf sich. Im Zuge der Säuberungen nach dem Röhm-Putsch befiehlt Hermann Göring, damals Reichsminister ohne Geschäftsbereich, Reichskommissar für das preußische Innenministerium und Reichskommissar für Luftfahrt, die Erschießung Klauseners. Sein Mörder ist der SS-Mann Kurt Werner Rudolf Gildisch. Gildisch betritt am Mittag des 30. Juni 1934 Klauseners Büro im Verkehrsministerium und schießt ihm kaltblütig in den Kopf. Klausener ist auf der Stelle tot.
Am anderen Ende der politischen Skala steht der gebürtige Stuttgarter Alexander Schwab. Nach dem Studium der Philosophie, Germanistik und Nationalökonomie an verschiedenen deutschen Universitäten und der Promotion, nach einer Zeit als Lehrer in einem reformpädagogischen Landerziehungsheim in Thüringen und Kriegsfreiwilliger, tritt Schwab 1917 der sozialistischen Partei der Unabhängigen Sozialdemokraten bei und schließt sich im Jahr darauf dem marxistisch-sozialistischen Spartakusbund an, der am 1. Januar 1919 in der neu gegründeten KPD aufgeht. Schwab ist eng mit Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht befreundet. Er ist Mitbegründer der Kommunistischen Arbeiterpartei Deutschlands (KAPD), einer Abspaltung des linken Flügels der KPD. 1922 kehrt Schwab der Parteipolitik den Rücken. Er gehört aber 1931 oder 1932 zu den Gründern der geheimen rätekommunistischen „Roten Kämpfer“.
Alexander Schwab arbeitet als Journalist und Wirtschaftsschriftsteller. Von 1928 bis zu seiner Entlassung im April 1933 ist er Pressesprecher der Reichsanstalt für Arbeitslosenvermittlung und Arbeitslosenversicherung. Die Nazis nehmen ihn für sechs Monate in „Schutzhaft“. Danach übernimmt Schwab die Reichsleitung der konspirativ arbeitenden Roten Kämpfer.
Die Gruppe wird 1937 von der Gestapo zerschlagen. 150 Mitglieder werden verhaftet, auch Alexander Schwab. Im Prozess „Schwab und Genossen“ vor dem Volksgerichtshof wird der Widerstandskämpfer am 30. Oktober 1937 zu acht Jahren Zuchthaus verurteilt. Er stirbt am 12. November 1943 im Zuchthaus Zwickau, angeblich an einer Lungenentzündung. Alexander Schwab.
Autor:Karen Noetzel aus Schöneberg |
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