"Hier darf nur Ruhe und Milde herrschen"
Erinnerungsstele für eine wegweisende medizinische Einrichtung

Bürgermeister Jörn Oltmann (Vierter von links) mit Bezirksverordneten, die sich für die Gedenkstele eingesetzt haben, und Ingolf Alwert (Vierter von rechts), der die Gedenktafelkommission ehrenamtlich bei der Recherche und Erstellung des Inhalts unterstützt hat. | Foto:  Bezirksamt Tempelhof-Schönberg
  • Bürgermeister Jörn Oltmann (Vierter von links) mit Bezirksverordneten, die sich für die Gedenkstele eingesetzt haben, und Ingolf Alwert (Vierter von rechts), der die Gedenktafelkommission ehrenamtlich bei der Recherche und Erstellung des Inhalts unterstützt hat.
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Kürzlich wurde eine Gedenktafel an der Belziger Straße 7 angebracht. Sie erinnert an das Maison de Santé (Haus der Gesundheit), das zu seiner Zeit einzigartig in Berlin war.

Im Jahr 1861 gründete der Arzt Eduard Levinstein (1831-1882) die Kur- und Badeanstalt auf dem Gelände der heutigen Hauptstraße 14-16 und den dahinterliegenden Gebäuden. Sie war eine der ersten privaten Einrichtungen dieser Art im Berliner Raum und hatte einen hervorragenden Ruf. Levinstein setzte auf Naturheilkunde und arbeitete unter anderem mit Dampfkraft und Elektrizität.

Einige Jahre später eröffnete er eine separate Abteilung für psychisch Kranke. Er war Anhänger und Vorreiter der Non-restraint-Methode, die er so beschrieb: „Jedes rauhe Wort von Seiten eines Wärters muss gerügt werden; denn sonst dürfte bald der Anstaltston entstehen, der eben im Non-restraint-System fremd ist. Hier darf nur Ruhe und Milde herrschen.“ Damit gilt Levinstein als erster Nervenarzt in Deutschland, der Zwangsmaßnahmen rigoros ablehnte. In anderen Anstalten hingegen war es gängige Praxis, psychisch kranke Patienten mit Gurten festzuschnallen und sie stundenlang stehen oder sitzen zu lassen.

Weil es in Berlin großen Bedarf nach mehr Plätzen gab, erweiterte Levinstein 1871 seine Klinik um eine Einrichtung der städtischen Psychiatrie. Dort wurden bis zu 800 Männer und Frauen untergebracht. Das Flair des vornehmen Sanatoriums wich zunehmend dem Charakter einer überfüllten Anstalt. Nach dem Tod des Vaters übernahmen die beiden Söhne das Maison de Santé, konnten aber nicht an den Ruhm der frühen Jahre anknüpfen.

Der Planung der Belziger Straße quer über das Grundstück, der Erste Weltkrieg und die zunehmende Bebauung der Stadt zwangen die Brüder 1919 zum Verkauf des Areals an die Stadt Schöneberg. Danach wurde die Anlage unter anderem für Notwohnungen, Wärmehallen und eine Volksküche genutzt. Heute sind die historischen Gebäude in Privathand, sie stehen unter Denkmalschutz und gehören zu den ältesten noch erhaltenen Häusern in Schöneberg.

Autor:

Susanne Schilp aus Neukölln

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