Hans Wurst Nachfahren müssen Spielbetrieb einstellen
Am 16. Juni trat die Bühne mit der traurigen Nachricht an die Öffentlichkeit, dass die noch nicht begonnene Spielzeit 2014/2015 die letzte sein wird. "Alle jetzt noch angekündigten Vorstellungen werden die unwiderruflich letzten sein", so Mitgründer und Puppenbauer Siegfried Heinzmann.
Der neue Immobilieneigentümer hat mit dem Haus andere Pläne. Sein Vorgänger hatte für die Spielstätte mit dem Theater einen 20-Jahres-Vertrag abgeschlossen. Der ist abgelaufen. Eine Verlängerung wollte der Vorbesitzer nicht und hat das Objekt verkauft.
Seit 1993 bevölkern Hand-, Stab-, Klappmaul-, Rollwagenpuppen, Marionetten und Tischfiguren die Bühne am Winterfeldtplatz - zur Freude eines Publikums über vier Generationen. Zuvor war es in Kreuzberg beheimatet.
In 33 Jahren hat das Ensemble mit zwölf künstlerischen Mitarbeitern - Spieler, Komponisten, Bühnenbildner - 62 Produktionen erarbeitet: Bearbeitungen klassischer Stücke, eigene Stücke, Novellen, Fabeln und Märchen. Inzwischen besuchen über 25 000 Zuschauer jährlich die 25 Stücke im laufenden Repertoire. Hinzu kommen die Besucher bei Gastspielen außerhalb der Stadt. Das Theater ist ein Ganzjahresbetrieb. Es zeigt über 300 Vorstellungen. Die Senatskulturverwaltung unterstützt Hans Wurst Nachfahren mit einem Jahreszuschuss von 113 000 Euro, der erst kürzlich um 40 000 Euro erhöht wurde.
"Wir hätten uns gewünscht, dass dieses Theatergebäude viele weitere Jahre kulturell hätte genutzt werden können. Spielstätten dieser Art werden dringend gesucht", bedauern Barbara Kilian und Siegfried Heinzmann.
Das Puppentheater war auch Gegenstand einer mündlichen Anfrage der bildungs- und kulturpolitischen Sprecherin der Grünen in der Bezirksverordnetenversammlung, Elisabeth Kiderlen. Bürgermeisterin Angelika Schöttler (SPD) weiß seit Mai 2013 von der Aufkündigung des Mietvertrags. Aber weder das Bezirksamt noch der Senat verfügen über die nötigen finanziellen Mittel, um das Haus am Winterfeldtplatz zu kaufen, so die Rathauschefin. Schöttler bedauert die Entwicklung sehr. "Das Theater hat eine wichtige Funktion an diesem Standort." Tempelhof-Schöneberg habe Hans Wurst Nachfahren immer unterstützt, wenn es um Anträge auf Fördermittel beim Land Berlin gegangen sei.
Wie die Kultursenatsverwaltung mitteilte, konnte mit dem neuen Eigentümer eine Vereinbarung getroffen werden, wonach das Puppentheater noch bis zum Sommer 2015 im Haus an der Gleditschstraße 5 spielen kann. Ein neuer Standort ist noch nicht gefunden. "Wir sind mit allen Beteiligten im Gespräch und auf der Suche", so Pressesprecher Günter Kolodziej.
Kulturstaatssekretär Tim Renner fordert eine stärkere Einflussnahme des Kulturressorts auf die Liegenschaftspolitik. Sonst gebe es in 15 Jahren keine Kultur mehr in Berlin.
Autor:Karen Noetzel aus Schöneberg |
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