Kein Cent für Kunst: Verfall einer Skulptur macht Kulturfreunde ratlos
Wilmersdorf. „Von der Dicken Berta zur Roten Rosa“ – ein sperriger Name für ein rätselhaftes Kunstwerk. Kaum jemand kann darin noch eine Erinnerung an Rosa Luxemburg erkennen. Denn die Skulptur am Spichernplatz verfällt wie viele andere auch. Geld für Pflege? Gibt es nicht.
Rost blüht wie brauner Ausschlag auf der blechernen Haut. Und dann hat die „Rote Rosa“ auch noch ein Problem mit unfreiwilliger Schminke – wenn man denn die Graffiti so nennen will. Es ist auch so schon die nicht gerade verständlichste Skulptur im Straßenland, dieses merkwürdige Miteinander einer Waffe aus dem Ersten Weltkrieg und der Silhouette eines menschlichen Gesichts, aufgebahrt auf Schienen.
Das alles zu begreifen, machen die Verfallsspuren noch schwerer, meint Volker Fischer. Als kunstinteressierter Bürger schüttelt er den Kopf über die unpflegliche Behandlung der Skulptur. Immerhin handelt es sich ja auch noch um ein Geschenk des israelischen Künstlers Igael Tumarkin, übergeben im Jahre 1991. Und zwar zur Aufstellung an dem Weg von Rosa Luxemburgs Verschleppung durch Nazis. Darf man ein Geschenk, noch dazu ein politisch bedeutsames, verrotten lassen? Wenn nein – wo sollte man das Geld für Restaurierung und Pflege hernehmen?
Die Kassen sind leer
In den Kassen des Bezirks findet Kulturstadträtin Dagmar König (CDU) keinen Cent. Unterhaltszahlungen für Skulpturen im öffentlichen Raum, sie sind einfach nicht vorgesehen. „Ich würde das Kunstwerk und viele andere gerne instandsetzen, aber das Geld dazu fehlt uns“, bedauert König.
„Ein Haushaltsfehler“, nennt das Fischer. „Schließlich wäre die Pflege eine klassische kommunale Aufgabe.“ Er glaubt, dass die Reparatur und neue Beschilderung von „Rosa“ je nach Aufwand kostenmäßig „im niedrigen fünfstelligen Bereich“ liegen dürfte. Unterstützung erhält Fischer von Piraten und Linken, die in einem gemeinsamen Antrag fordern: „Kunst nicht länger verrotten lassen.“ Noch ist eine Abstimmung ausgeblieben, aber derzeit signalisieren die Grünen und die SPD mit ihrer Kulturexpertin Christiane Timper Zuspruch. „Für den Anfang würde es schon reichen, die Skulptur zu säubern“, sucht Timper nach einem Kompromiss. Auch der Grünen-Fraktionsvorsitzende Christoph Wapler grübelt über Alternativen zur Instandsetzung in Eigenregie: „Ich mag Drittmittel eigentlich nicht, aber hier könnte man es überlegen.“ Ähnlich sieht das Volker Fischer, wenn er vorschlägt, für die Pflege von Kunst am Straßenrand einen Förderverein zu gründen. Der Staat, so dämmert es langsam allen Beteiligten, ist kein guter Galerist. tsc
Autor:Thomas Schubert aus Charlottenburg |
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