Sorge um die „Verschwörerbude“
Schöneberg. Wo die Leberstraße in die Torgauer Straße mündet, steht hinter einer Bushaltestelle eine heruntergekommene Baracke. Verwiese ein Transparent nicht darauf, niemand vermutete hier einen Gedenkort des Widerstands.
Die Baracke in der Torgauer Straße 24-25 ist der Nachfolgerbau der – in den Worten von Theodor Heuss – „Verschwörerbude“ des SPD-Reichstagsabgeordneten und 1945 in Plötzensee hingerichteten Widerstandskämpfers Julius Leber und seiner Frau Annedore auf dem Gelände der ehemaligen Kohlenhandlung B. Meyer & Co. – und seit Jahren ein Zankapfel zwischen Bezirksamt und einem Arbeitskreis interessierter Bürger einerseits sowie der Tempelhof-Schöneberger SPD andererseits.
Bei der Planung der Parkanlage an der Torgauer Straße sah der Bezirk ein Denkzeichen für Annedore und Julius Leber vor. Lebers Frau war im Nachkriegsdeutschland Politikerin und Publizistin. Sie gründete den Mosaik-Verlag.
Für das Denkzeichen sollte die Baracke abgerissen werden. Ein Kunstwettbewerb wurde ausgelobt. Bürger protestierten. Die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) votierte 2012 und 2014 mit ihrer rot-grünen Mehrheit für den Erhalt der Bude und ihren Ausbau zu einem „Lern- und Gedenkort Annedore und Julius Leber“, wie es der Arbeitskreis fordert (http://pax.spinnenwerk.de). Der Siegerentwurf für das Denkzeichen ist nicht zur Ausführung gekommen. Die SPD hatte ihn abgelehnt.
Kulturstaatssekretär Tim Renner und die Denkmalpflege des Landes Berlin bekundeten hingegen kein Interesse an einem Gedenkort – und vor allem nicht die Bereitschaft, ihn zu finanzieren.
Der Bezirk hat bekanntlich kein Geld, nicht einmal für Informationstafeln. Eine Finanzierung aus dem Bund-Länder-Förderprogramm „Stadtumbau West“, das ergab eine Prüfung, ist nicht möglich. Die SPD in der BVV fürchtet nun, dass die Baracke verfällt. Immerhin sind in diesem Sommer für 7500 Euro die Schäden am Dach beseitigt worden, die Sturm „Niklas“ Ende März verursacht hatte.
Der Bezirk informiert auf seine Internetseite unter „Aktuelles“ über den geplanten Lern- und Gedenkort (http://asurl.de/12rk). Das hatte die BVV schon im Mai gefordert. Im Juli wollten sie, dass die Ende Mai eröffnete Grünanlage zwischen Cheruskerpark und Naumannstraße nach Annedore Leber benannt wird. „Das Bezirksamt befindet sich in Vorbereitung“, so Baustadtrat Daniel Krüger (CDU). „Ein konkreter Zeitpunkt, wann die Benennung rechtskräftig sein wird, kann derzeit noch nicht benannt werden.“ KEN
Autor:Karen Noetzel aus Schöneberg |
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