"Türkischen Basar" nicht vergessen
SPD-Verordnete wollen ein Kapitel migrantischer Geschichte wieder sichtbar machen

Alteingesessene Schönebergerinnen und Schöneberger werden sich daran erinnern: Mehr als ein Jahrzehnt lang gab es im Hochbahnhof Bülowstraße den „Türkischen Basar“. Die SPD-Bezirksverordneten möchten, dass dieser ungewöhnliche Treffpunkt und Einkaufsort nicht in Vergessenheit gerät.

Deshalb haben sie den Antrag gestellt, Hinweistafeln mit Fotos aus den 1970er- und1980er-Jahren aufzustellen. Auch soll geprüft werden, ob es möglich ist, den großen geschwungenen Schriftzug „Türkischer Basar“ wieder an der Fassade des Bahnhofs anzubringen. „Weil Orte, die migrantische Geschichte der Stadt widerspiegeln immer mehr verschwinden, wollen wir diesen ehemaligen Lebensmittelpunkt migrantischer Familien wieder im kollektiven Gedächtnis verankern“, sagt der Bezirksverordnete Kubilay Yalcin (SPD). Nach der Sommerpause werden die Mitglieder des Ausschusses für Kultur und Bildung über den Antrag beraten und eine Beschlussempfehlung aussprechen.

Buden entlang des Bahnsteigs

Zur Geschichte: Infolge des Mauerbaus fuhren ab 1972 keine U-Bahnen mehr auf der Linie 2. Im Jahre 1978 richtete der Unternehmer und Schauspieler Atalay Özçakır den Basar (zuvor: „U-Tropia“) ein. Entlang des Bahnsteigs über dem Gleisbett standen kleine Buden, die Lebensmittel, Kleidung, Schmuck und vieles andere mehr anboten.

Ein besonderer Renner waren die Videokassetten mit türkischen Filmen. „Scharen von Vätern pilgerten jeden Freitag oder Samstag mit ihren Kindern zum Bülowbogen, um für die Wochenend-Unterhaltung zu sorgen, die Frauen bereiteten derweil die köstlichsten Speisen für den Abend zu“, erinnert sich eine ehemalige Besucherin in einem Internet-Beitrag. Auch eine kleine Bar mit Live-Musik wurde eingerichtet, in der allerlei Prominenz aus der Türkei auftrat.

Eine weitere Attraktion war eine ausgemusterte alte Kleinprofil-Straßenbahn, die auf die Hochgleise gesetzt wurde und zwischen dem „Türkischen Basar“ und dem Hochbahnhof Nollendorfplatz pendelte. Dort gab es nämlich bereits seit 1971 einen Trödelmarkt, untergebracht in 16 ausgemusterten U-Bahn-Wagen, und die Gaststätte „Zur Nolle“. Das Aus für beide Zwischennutzungen kam, als nach der Wende die Bahnnetze von West- und Ost-Berlin langsam wieder zusammenwuchsen. Der „Türkische Basar“ wurde Ende Februar 1991 abgebaut.

Autor:

Susanne Schilp aus Neukölln

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