Sternstunde für Stummfilmfans

Komponiert die Musik zu Stummfilmen selbst: Stephan Graf von Bothmer. | Foto: KEN
2Bilder
  • Komponiert die Musik zu Stummfilmen selbst: Stephan Graf von Bothmer.
  • Foto: KEN
  • hochgeladen von Karen Noetzel

Schöneberg. Was für Zeiten in Deutschland: 600 Filme wurden im Schnitt gedreht – jährlich – und Weltstars produziert wie später nie mehr. Stephan Graf von Bothmer lässt das Stummfilmkino auferstehen, auch kürzlich in der Kapelle des Alten Zwölf-Apostel-Kirchhofs.

Mitgebracht hatte von Bothmer Georg Wilhelm Pabsts „Tagebuch einer Verlorenen“. Der Film mit Hollywoodstar Louise Brooks aus dem Jahr 1929 gehörte zu den am stärksten zensierten Produktionen überhaupt.

Stephan Graf von Bothmer hat nicht nur 800 Stummfilme für Vorführungen gesammelt. Er hat für jeden von ihnen auch seine eigene Stummfilmmusik komponiert. Und so konnte der Zuschauer in der Friedhofskapelle anschaulich nacherleben, was der „Mann am Klavier“ damals leisten musste.

Stephan Graf von Bothmer erläutert, dass er seine Filmmusiken streng durchkomponiert hat, aber nicht im üblichen klassischen Notensystem, sondern in Anlehnung an die Notationsweise der neuen Musik in „Tableaus“. Innerhalb dieser Tableaus improvisiert und kompiliert von Bothmer eindrucksvoll. In erstaunlicher musikalischer Geschlossenheit gelingen ihm großflächige und sehr variable Tonteppiche, mit denen er Szenen, deren dramaturgische Wechsel und die Figuren im Film charakterisiert und miteinander verbindet.

Dazu sind viel Erfahrung und eine große Improvisationsfähigkeit notwendig, um die Musik möglichst perfekt an den Film anzupassen, ganz zu schweigen vom geistigen und physischen Durchhaltevermögen während der knapp zweistündigen Aufführung.

Bei Stephan von Bothmer sieht das alles ganz locker aus. Er schaut dem Geschehen auf der Leinwand zu, seine Hände fliegen dabei scheinbar mühelos über die Tasten. Die Musik braust dynamisch auf, wenn das Filmgeschehen sich auf seine szenischen Höhepunkte zubewegt, findet aber auch Entspannung und ruhige Momente. Es wird phrasiert, von Dur zu Moll und von Moll zu Dur gewechselt; Verzierungen, Register- und Tempiwechsel variieren den melodischen Fluss.

Dem Pianisten gelingt das Kunststück, weder hinter der Ausdrucksstärke der Bilder zurückzubleiben, noch sie überzubetonen. Von Bothmers Musik verschmilzt mit dem Film zu einem sinnlichen Ganzen. Hoffentlich bald wieder in der von Bertram von Boxberg kuratierten Reihe „Kino in der Friedhofskapelle der Zwölf-Apostel-Kirchhöfe". KEN

Komponiert die Musik zu Stummfilmen selbst: Stephan Graf von Bothmer. | Foto: KEN
Der Star des Abends neben Bothmer: die Hollywood-Schauspielerin Louise Brooks. Foto: KEN | Foto: KEN
Autor:

Karen Noetzel aus Schöneberg

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

20 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

Gesundheit und MedizinAnzeige
Schonende Verfahren für Ihre Rückengesundheit werden am 19. März vorgestellt. | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Informationen für Patienten
Minimal-Invasive Wirbelsäulenchirurgie

Leiden Sie unter anhaltenden Rückenschmerzen oder Wirbelsäulenbeschwerden? Moderne minimal-invasive Operationsverfahren ermöglichen eine schonendere Behandlung mit schnelleren Genesungszeiten. Erfahren Sie mehr über innovative Therapiemöglichkeiten bei unserem Infoabend mit Dr. (Univ. Kermanshah) Kamran Yawari, Teamchefarzt des Caritas Wirbelsäulenzentrums. In seinem Vortrag erläutert er die Vorteile minimal-invasiver Wirbelsäulenchirurgie und zeigt auf, wann und für wen diese Methoden sinnvoll...

  • Reinickendorf
  • 18.02.25
  • 91× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Erfahren Sie, welche proktologischen Erkrankungen häufig auftreten, welche Untersuchungsmethoden es gibt und wie moderne Behandlungsmöglichkeiten helfen können.  | Foto: pixel-shot.com, Leonid Yastremskiy

Proktologie: Ende gut, alles gut!

Unser Darm ist mit seinen 5 bis 7 Metern Länge ein wahres Wunderwerk unseres Körpers. Doch wenn es am Ende des Darms zu Erkrankungen kommt, kann das die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen – auch wenn man es nicht sieht. Aus Scham werden diese Probleme oft verschwiegen, dabei gibt es in den meisten Fällen gute Behandlungsmöglichkeiten. Wir laden Sie herzlich zu unserem Informationsabend ein! Erfahren Sie, welche proktologischen Erkrankungen häufig auftreten, welche Untersuchungsmethoden es...

  • Reinickendorf
  • 19.02.25
  • 44× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Gallensteine sind ein häufiges, aber oft unterschätztes Gesundheitsproblem.  | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Patienten fragen
Steine in der Gallenblase – was nun?

Gallensteine sind ein häufiges, aber oft unterschätztes Gesundheitsproblem. Etwa jede fünfte Person in Europa ist betroffen, und fast die Hälfte entwickelt im Laufe des Lebens Beschwerden. Diese äußern sich meist in Form von wiederkehrenden Schmerzen, insbesondere im rechten Oberbauch. In einigen Fällen können Gallensteine zu ernsthaften Komplikationen wie einer Entzündung der Gallenblase führen. Die bevorzugte Therapie bei Beschwerden ist die operative Entfernung der Gallenblase – in der Regel...

  • Reinickendorf
  • 12.02.25
  • 455× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Informieren Sie sich über Intensivmedizin. | Foto: 2022 Tomasz Kuzminski

Infoabend am 11. Februar
Grenzen und Möglichkeiten der Intensivmedizin

Die Intensivmedizin hat erstaunliche Fortschritte gemacht und bietet schwerstkranken Patienten Überlebenschancen, die früher undenkbar waren. Doch wo liegen die Grenzen dieser Hochleistungsmedizin? Welche technischen, personellen und ethischen Herausforderungen gibt es? Besuchen Sie unseren Infoabend mit Priv.-Doz. Dr. Stephan Kurz und erfahren Sie, wie intensivmedizinische Maßnahmen Leben retten, aber auch komplexe Entscheidungen erfordern. Was geschieht, wenn Therapieoptionen ausgeschöpft...

  • Reinickendorf
  • 29.01.25
  • 1.056× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.