Vierte Friedenauer Lesenacht mit 25 Autoren an 21 Orten
Friedenau. Zum vierten Mal veranstaltet der Verein Südwestpassage seine Nachtlese in Friedenau. Am 20. Juni stehen Natur und Stadt im Mittelpunkt. Gelesen wird in Gärten, Höfen und auf Terrassen.
„Das Besondere an unseren Lesenächten ist, dass der Lesestoff mit dem Leseort korrespondiert“, erläutern Sabine Würich und Dorothea Walther. Die beiden Mitglieder des Vereins haben 25 Autoren versammelt, die an 21 außergewöhnlichen Orten lesen. Anderthalb Jahre haben die Vorbereitungen in Anspruch genommen.
So geht es also hinaus ins Freie. Etwa auf die Dachterrasse der Niedstraße 6. Nebenan lebte Erich Kästners Sekretärin Elfriede Mechnig. Der Schriftsteller wohnte dann und wann bei ihr. Über den Dächern von Friedenau wird Michael Bienert in „Kästners Berlin“ die literarischen Schauplätze der Romane beleuchten und Zusammenhänge zwischen Werk und Leben des modernen Klassikers aufzeigen.
Oder der große alte Garten am Südwestkorso 63a. Der Projektionskünstler Horst Felix Palmer öffnet ihn für Doro Petersen, die ihre Illustrationen für Italo Calvinos „Marcovaldo oder Die Jahreszeiten in der Stadt“ an die Hauswand wirft. Die 20 Geschichten handeln von dem Hilfsarbeiter und Naturfreund Marcovaldo, der gezwungenermaßen in der Stadt lebt und immer von der Natur träumt.
Jenseits des S-Bahn-Rings liegt die Cranachstraße 5. Hier erzählt Michael Bergmann die Geschichte eines Koffers und das Schicksal seines Besitzers, des jüdischen Schrifstellers Leonard Weinheber.
Literaturfreunde dürfen sich also auf eine unterhaltsame Lesenacht freuen. Die Autoren lesen zweimal 20 Minuten. Sabine Würich hat das Programm so gestaltet, dass man auf seiner individuellen „Literatour“ problemlos vier bis fünf Lesungen erleben kann.
Erstmals dabei ist die Nicolaische Buchhandlung in der Rheinstraße 65. Hier gibt Helmut Schümann in „Genie und Gartenzwerg“ zum Besten, was er auf seiner Fußwanderung entlang Deutschlands Grenzen erlebt hat. Höhepunkte der literarischen Sommernachtsreise sind das Mosaik-Roman-Projekt an verschiedenen Leseorten und der erste Friedenauer Science-Slam im Geschäft „Der Ganzkörperschuh“ in der Bundesallee 87. Am Projekt „Der Sturz in den Wald – Aus dem Leben eines Sonderlings“ beteiligen sich acht Mitglieder des Autorenforums Berlin. Grundlage für die kurzen Prosatexte ist Rainer Schildbergers Radio-Feature über einen jungen Mann, der zweieinhalb Jahre in einem Waldstück bei Kehl am Rand des Schwarzwaldes gelebt hat.
Als Einladung zu vergnügter und vergnüglicher Wissenschaft ist der Science-Slam zu verstehen. Junge Wissenschaftler haben zehn Minuten Zeit, ihre Forschung knackig vorzustellen. Das Publikum entscheidet mit seinem Applaus über den Gewinner.
Die Lottostiftung hat die Lesenacht zum zweiten Mal unterstützt. So konnten Sabine Würich und Dorothea Walther jetzt auch Berliner Autoren jenseits Friedenaus einladen. Beide Damen betonen jedoch, dass es ohne die anderen Sponsoren die Friedenauer Lesenacht nicht gäbe.
Autor:Karen Noetzel aus Schöneberg |
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