Gedenken an einen Komponisten
Vor 100 Jahren erklang erstmals der Sportpalastwalzer von Siegfried Translateur

An den Notenlinien, dem zukünftigen Erinnerungszeichen, sollen regelmäßig Konzerte stattfinden. | Foto:  Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg
  • An den Notenlinien, dem zukünftigen Erinnerungszeichen, sollen regelmäßig Konzerte stattfinden.
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Zwei Notenlinien sollen bald an der Ecke Potsdamer und Pallasstraße an Siegfried Translateur erinnern. Ganz in der Nähe stand der Sportpalast und dort wurde in den 1920er-Jahren das berühmteste Werk des Komponisten gefeiert, der Walzer „Wiener Praterleben“.

Das Stück schuf Translateur schon Ende des 19. Jahrhunderts, als 17-Jähriger. Ab 1923 erklang es bei den Sechstagerennen. Der Komponist hatte ursprünglich ein Händeklatschen in das Stück integriert. Doch es kam dann anders. Ein Radfan aus Kreuzberg, Reinhold „Krücke“ Habisch, ersetzte das Klatschen durch vier markante Pfiffe. Der Sportpalastwalzer war geboren. Ein durchschlagender Erfolg: „Die ganze Galerie pfeift mit. Ein Freund von mir hat einmal gezählt, dass der Walzer in einer halben Stunde achtmal gespielt wurde“, erinnerte sich Translateur.

Als die Nationalsozialisten an die Macht kamen, stuften sie den Komponisten, Kapellmeister und Musikverleger, der nicht weniger als 165 Stücke schuf, als „jüdischen Mischling“ ein. Er wurde aus der Reichsmusikkammer ausgeschlossen und musste seinen Verlag liquidieren. Natürlich durfte sein Sportpalastwalzer nicht mehr erklingen. Doch das Publikum pfiff weiter.

Translateur überlebte die Nazidiktatur nicht. Im April 1943 wurde er nach Theresienstadt deportiert und dort nach knapp einem Jahr ermordet. Weil er nicht in Vergessen geraten soll, haben die Bezirksverordneten vor geraumer Zeit beschlossen, ein Erinnerungszeichen in Form eines Klangkunstwerks zu schaffen. Ein Wettbewerb wurde ausgeschrieben.

Das Preisgereicht hat den Entwurf „Was bleibt“ von Renate Herter zur Realisierung empfohlen. Das Werk besteht aus zwei rund vier Meter langen Notenlinien aus einem Verbundwerkstoff, die in den Boden eingelassen werden und in Richtung des Sportpalaststs zeigen. Zum Leben erweckt werden soll das Werk etwa alle zwei Monate von Musikerinnen und Musikern, die dort kleine Live-Aufführungen geben und die Stücke von Siegfried Translateur immer wieder neu interpretieren. Wann genau das Erinnerungszeichen installiert wird, steht noch nicht fest.

Insgesamt haben sich fünf Künstler an dem Wettbewerb beteiligt. Alle Entwürfe können unter www.wettbewerbe-aktuell.de/ergebnis/kunstwettbewerb-kunstlerisches-erinnerungszeichnung-fur-den-komponisten-siegfried-translateur-275950 angeschaut werden.

Autor:

Susanne Schilp aus Neukölln

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