„Wir waren Nachbarn“ gesichert
Schöneberg. Die Zukunft des Ausstellungsprojekts „Wir waren Nachbarn“ ist gesichert.
Am 16. Juni unterzeichneten Bürgermeister Angelika Schöttler (SPD), Kultur- und Bildungsstadträtin Jutta Kaddatz (CDU) sowie Kuratorin Katharina Kaiser und ihre Stellvertreterin Regina Szepansky vom Förderverein „frag doch!“ einen Vertrag zur weiteren Betreuung und Weiterentwicklung der Ausstellung.
In dieser so besonderen, weit über Tempelhof-Schöneberg und Berlin ausstrahlenden Schau in der sanierten Ausstellungshalle im Rathaus Schöneberg ist die Geschichte des Holocaust aus der persönlichen Sicht von jüdischen Zeitzeugen und ihren Familien dargestellt. Derzeit können Besucher 154 Alben studieren. Und immer noch kommen neue hinzu, obwohl alle Zeitzeugen schon weit über 90 Jahre alt sind und in der ganzen Welt verstreut leben.
Vorläufer des Projekts gab es schon in den vergangenen 30 Jahren, das jetzige Ausstellungsformat besteht seit einem Jahrzehnt. Im Sommer 2011 hatte der neu gegründete Förderverein ehrenamtlich die Leitung der Ausstellung übernommen, als feststand, dass es keinen Mitarbeiter des Bezirksamts mehr geben wird, der sich darum kümmern kann. Das Bezirksamt ist jedoch Eigentümer der Schau und finanziert das einmalige Projekt in der Berliner Erinnerungslandschaft.
„Wir besiegeln mit dem Vertrag unsere Zusammenarbeit neu“, sagte Bürgermeisterin Angelika Schöttler nach der Unterzeichnung. Gemeinsam mit dem Verein habe der Bezirk es geschafft, die Ausstellung einem breiten Publikum zu präsentieren. „Wir waren Nachbarn“ sei ein wichtiger Baustein der Gedenkkultur im Bezirk, zu der das Café Haberland am Bayerischen Platz, die Aktivitäten der Löcknitz-Grundschule auf dem Areal der ehemaligen Synagoge und die Tafeln in den Straßen des Bayerischen Viertels gehörten, die über Ausgrenzung und Verfolgung der Juden in kongenial knapper Form informieren, so Schöttler.
Die Ausstellung übe insbesondere auf Kinder und Jugendliche eine große Strahlkraft aus, was beispielsweise die jährliche Steinlegung der Löcknitz-Schule für Deportierte aus dem Viertel demonstriere, sagte Stadträtin Jutta Kaddatz. Auch Kuratorin Katharina Kaiser freut sich über den Erfolg. Die Schau sei exemplarisch für das Berliner Judentum und für jenes in deutschen Großstädten. Und: „Schon die vierte Generation kommt hierher.“ Kaiser berichtet von einem jungen Australier, der vor dem Parlament gesagt habe, Lebensgeschichte und Schicksal seines heute 94 Jahre alten Großonkels seien „für alle Zeiten“ in einer Ausstellung in Berlin-Schöneberg verwahrt. Etwas Vergleichbares sollte es auch für die Aborigines Australiens geben. „Der junge Mann hat das Konzept mit dem persönlichen Zugang zur Geschichte verstanden“, so Kaiser. Gleichzeitig verwies die Kuratorin auf den Bedarf an Spenden für eine professionelle Fortsetzung der Projektarbeit. Leider hätten sich Stiftungen wegen der europäischen Zinspolitik zurückgezogen. „Sie machen nur noch ihre Kernarbeit“, sagte Katharina Kaiser. KEN
Autor:Karen Noetzel aus Schöneberg |
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