Zukunft als grüne Oase: der Neue Zwölf-Apostel-Kirchhof
Schöneberg. Versteckt zwischen Bahntrasse, Autobahn und Gewerbe liegt ein Schöneberger Kleinod: der Neue Zwölf-Apostel-Kirchhof. Berühmte Männer sind hier begraben wie der frühere Schöneberger Stadtbaurat Paul Egeling oder Philipp Spitta.
Direkt am Hauptweg des Friedhofs hat Philipp Spitta (1841-1894), Begründer der modernen Musikwissenschaft und Bach-Biograph des 19. Jahrhunderts, in einem Ehrengrab des Landes Berlin seine letzte Ruhe gefunden. Hier ist auch seine Frau Mathilde (1841–1928) beigesetzt. Jetzt gab es eine kleine Gedenkveranstaltung für ihn.
Jäh war der Musikwissenschaftler erst 52-jährig aus dem Leben gerissen worden. Die Grabrede hielt kein Geringerer als der berühmte Geiger Joseph Joachim. Das elegante Porträtmedaillon schuf der große Bildhauer und Medailleur Adolf Ritter von Hildebrand. Finanziert wurde es mit Spenden, zu denen Freunde Spittas aufgerufen hatten. Hier engagierte sich insbesondere Johannes Brahms, der Spitta zeitlebens tief verbunden war.
Nach Stationen in Göttingen, Tallinn (Reval) und Sondershausen war der aus Niedersachsen stammende Spitta 1875 nach Berlin gekommen. Er übernahm die Stelle des zweiten ständigen Sekretärs der Königlichen Akademie der Künste, wurde nebenamtlich zum Universitätsprofessor und zum Lehrer für Musik an der Königlichen akademischen Hochschule für Musik, 1882 deren stellvertretender Direktor und außerordentlicher Professor für Musikwissenschaft an der Königlichen Friedrich-Wilhelm-Universität.
Auf dem Neuen Zwölf-Apostel-Kirchhof gibt es nur selten Veranstaltungen. Er liege im Schatten der anderen Friedhöfe der Zwölf-Apostel-Kirchengemeinde, so Kirchhöfe-Sprecher Bertram von Boxberg. Der Gottesacker am Werdauer Weg existiert seit 1883. Die schlichte Friedhofskapelle aus Backstein entstand um 1890 nach einem Entwurf von Paul Egeling, dem Schöpfer des Schöneberger Wappens mit den ursprünglich zwei Hirschen. Die Kapelle steht heute unter Denkmalschutz.
Der einst fünf Hektar große Kirchhof verlor im Nationalsozialismus bis zu zwei Drittel seiner Fläche. Die Nazis brauchten sie für ihre irrwitzigen Pläne einer Welthauptstadt Germania. Nach dem Krieg erhielt die Kirchengemeinde das verlorene Areal jedoch nicht zurück. Es wurde Teil der Autobahn, teils wurde es mit Fabriken bebaut. Seit zwei Jahren sind auf dem Neuen Zwölf-Apostel-Kirchhof muslimische Bestattung möglich. „Sie sind stark nachgefragt“, sagt Bertram von Boxberg. Es sieht für den Friedhof eine „gute Zukunft“ als „grüne Oase“, nicht zuletzt wegen des neuen Wohngebiets, das gegenüber am Tempelhofer Weg entsteht. KEN
Autor:Karen Noetzel aus Schöneberg |
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