Der Klang ist so beruhigend
Berlins erster Alphorn-Verein trifft sich regelmäßig zu Proben in der Volkshochschule

Die Instrumente müssen alle gleich lang und auf denselben Ton gestimmt sein.  | Foto: KEN
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  • Die Instrumente müssen alle gleich lang und auf denselben Ton gestimmt sein.
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Acht Männer und fünf Frauen steigen am Freitagabend ins dritte Obergeschoss der Volkshochschule am Barbarossaplatz. Sie tragen auffallend große Taschen, die vorn nach oben gebogen sind, und verschwinden in der Aula. Es ist Probenstunde des Großen Alphornensembles der Leo Kestenberg Musikschule.

Zu den zirka 18 Instrumentalisten des Ensembles unter Leitung von Andreas Frey gehören Mitglieder des neuen Vereins „Alphorn Berlin“. Erst Ende 2019 haben begeisterte Freizeitmusiker ihn aus der Taufe gehoben. Sie wollen das ungewöhnliche Instrument in Berlin bekanntmachen.

Das Alphorn zählt zu den Blechblasinstrumenten, obwohl es aus Holz besteht. Es ist das Mundstück, das entscheidet. Es ist dem der Blechblasinstrumente nachgebildet. Für den Bau eines Alphorns wird ein geeigneter Baumstamm, meist Fichte, geschält, längst halbiert, in Handarbeit auf eine Wanddicke von sechs bis acht Millimetern ausgehöhlt und zum Schutz vor Wind und Wetter mit Peddigrohr umwickelt. Die Hörner sind keine rein alpenländische Erfindung. Lange Holztrompeten ohne Fingerlöcher kennt man auch in den Karpaten, in Polen, Rumänien und Ungarn, in Peru und bei den Maori in Neuseeland.

„Berlin soll eine große Alphornszene haben“, erzählt ein Vereinsmitglied. Das habe ihm ein Schweizer Instrumentenbauer verraten. Er selbst, so berichtet der frühere Trompeter weiter, sei nach einem Besuch auf dem Pilatus, dem Luzerner Hausberg, von der Begeisterung angesteckt worden. „Der Klang ist so beruhigend.“

Auch bei Matthias aus Oranienburg war es der Klang des Instruments, der die Faszination für dieses Nationalsymbol der Schweiz auslöste. Und man könne bei einem Besuch bei den Eidgenossen mitspielen, so der ehemalige Posaunist. Seine Freude an den Bergen und am Wandern, seine Naturverbundenheit, seien Motivation gewesen, vor vier Jahren mit dem Alphornspielen zu beginnen, sagt Ex-Waldhornist Thomas Mosebach von Alphorn Berlin.

Wer ein Blasinstrument gelernt habe, komme „schnell 'rein“, erklärt Clara. Sie blies früher Kornett. Seit März 2018 sei sie begeisterte Alphorninstin, so die junge Frau. „Das Alphorn hat keine Ventile. Ich kann mich voll und ganz auf den Klang konzentrieren. Naturtöne sind viel entspannender.“ Auf einem Alphorn lassen sich nur Naturtöne spielen. Je nach Stimmung sind es zwölf bis 16 Töne. Die Berliner haben F-gestimmte Instrumente. Alphörner können aber auch auf G, Ges, As, B, E oder Es gestimmt sein. „Unsere Instrumente müssen alle gleich lang und auf denselben Ton gestimmt sein“, erläutert Thomas Mosebach. Sonst sei ein Zusammenspiel nicht möglich. Die Alphörner im Ensemble sind 3,6 Meter lang und in mehrere Teile zerlegbar.

Die zwei Probestunden beginnen. Die Leo Kestenberg Musikschule ist die einzige Musikschule nördlich des Weißwurstäquators, die ein Alphornensemble hat. Sie besitzt 20 Instrumente. Andreas Frey, Profimusiker und Komponist, lässt die Bläser zunächst gemeinsam einstimmen, bevor es bei „Leben in Braunschweig“ und „Ankunft auf Rügen“ ans Warmspielen geht. Ton, Atmung, Dynamik sind wichtig. Zu einem guten Klangerlebnis führen die Kraft und Flexibilität des Atmungsapparats des Bläsers und seine Lippen-Muskulatur. An deren täglichem Training kommt ein Alphornspieler kaum vorbei.

Jetzt will Ensembleleiter Frey zu einer „schwierigeren Sache“ übergehen, zu seinem dreisätzigen Concerto grosso, einem feierlichen Marsch, und zu etwas Schweizerischem, dem „Berner“. Nach einer Stunde Proben fragt er: „Was macht die Kraft?“ Zwei Stunden spielen das Große Alphornensemble und die Mitglieder von Alphorn Berlin. „Danach sind wir ziemlich fertig“, gesteht der Oranienburger Matthias.

Wer die Berliner Alphornbläser einmal live erleben will, hat dazu in der Walpurgisnacht vom 30. April auf den 1. Mai Gelegenheit. Dann trifft sich „die Szene“ auf dem Spandauer Hahneberg. Wer nicht so lange warten kann, besucht das Konzert von Alphorn Berlin, Großem Alphornensemble der Musikschule und des Blasorchesters „Haste Töne“ am 19. Januar 17 Uhr in der Pfarrkirche Herz Jesu in Tegel am Brunowplatz. Der Eintritt ist frei. Infos unter https://alphorn.berlin, www.lkms.de/index.php/ensembles.html.

Autor:

Karen Noetzel aus Schöneberg

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