Hohe Geburtstage im Kiezcafé

Gerhard und Inge Richter feierten im Kiezcafé in der Barbarossastraße ihre hohen Geburtstage mit allerlei Anekdoten aus ihrem ereignisreichen Leben. | Foto: KEN
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Schöneberg. An diesem Tag erlaubte es sich die Seniorengruppe des Nachbarschaftszentrums „Kiezoase“ mal, über die Stränge zu schlagen. Allen Grund hatte sie: Ihre treuen Gäste Gerhard und Inge Richter feierten dort den 100. beziehungsweise 97. Geburtstag.

„Herrlich, Mensch!“, entfuhr es dem Jubilar beim Betreten des Kiezcafés in der Barbarossastraße 65. Zentrumsleiterin Jutta Burdorf-Schulz und ihr Team hatten die große Geburtstagstafel eingedeckt. Es gab Lieder zur Gitarre, Kaffee und Kuchen und später noch ein Abendessen, das die „gute Seele“ des Cafés, Linda Welbeck, zubereitet hatte.

„Es ist uns eine besondere Ehre, dass das Ehepaar Richter seinen Geburtstag in der Kiezoase feiert“, sagte der frühere Leiter Gerd Schmitt. Als die beiden geboren wurden, habe das Haus der Stiftung Pestalozzi-Fröbel-Haus schon gestanden. Im heutigen Café sei ein Pelzladen gewesen, um die Ausbildungskosten für die Erzieherinnen zu erwirtschaften. „Die erste Seniorengruppe im damaligen Nachbarschaftsheim wurde 1952 gegründet“, erzählt Gerd Schmitt aus der Chronik der Einrichtung.

Was ein so langes Leben schenke, wurde Gerhard Richter gefragt. Sich am Leben zu erfreuen und steter Optimismus seien die Zauberformeln. Und viel Sport. Den haben Gerhard und Inge Richter seit der Jugendzeit getrieben. Über den Sport haben sie sich auch kennengelernt, 1934 in einem Kino in ihrer Heimatstadt Magdeburg. Ihr Turnverein hatte zur Filmvorführung eingeladen.

Den Zweiten Weltkrieg überlebte Gerhard Richter auch, weil er seinen Dienst immer in einer Schreibstube absolvierte. Gerhard Richter ist Mitglied der Zeitzeugenbörse und gibt seine Erfahrungen und sein Wissen an junge Menschen weiter. Bis zu seiner Pensionierung arbeitete der als Sportlehrer, seine Frau war Bilanzbuchhalterin in der Schulverwaltung und in Hotels, später freiberufliche Sportlehrerin.

1955 musste Gerhard Richter seine Heimatstadt verlassen. Er hatte sich mit Offizieren der Nationalen Volksarmee angelegt. Er ging in den Westen, seine Frau und die zwölf Jahre alte Tochter kamen nach. 2006 zogen die Eheleute nach Berlin. Gemeinsam mit ihrer Tochter leben sie in Schöneberg.

Für seine Geburtstagsgäste hatte Gerhard Richter eine Anekdote aus seiner Jugendzeit mitgebracht. 1928 sei er das erste Mal in Berlin gewesen, als Artist im damaligen Saalbau Friedrichshain. Als Handstandmeister führte er mit seinen älteren Brüdern Kunststücke bei einem Wettbewerb für Amateure der „Reichsartisten“ auf. Daraufhin wollte ihn der Direktor des berühmten Zirkus Sarrasani engagieren. Richters Vater aber stellte klar: „Der Junge bleibt hier.“ „Damit war meine Zirkuskarriere beendet“, scherzt Gerhard Richter. KEN

Autor:

Karen Noetzel aus Schöneberg

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