Laut, schrill, bunt – und ernst
Die schwullesbische Bewegung feiert, fordert und gedenkt

Eine Million Menschen feierten den Christopher Street Day. | Foto: KEN
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  • Eine Million Menschen feierten den Christopher Street Day.
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Am 27. Juli sind bis zu eine Million Homosexuelle und andere Menschen, die nicht eindeutig Mann oder Frau sind („queer“), durch die City West gezogen.

Der Christopher Street Day (CSD)-Umzug 2019 durch Schöneberg und Tiergarten zum Brandenburger Tor, schrill, laut, bunt und politisch wie immer, war mit 98 Fahrzeugen und 41 Gruppen zu Fuß wohl die größte Veranstaltung in Berlin in diesem Jahr.

Sein Motto „50 Jahre Stonewall – Jeder Aufstand beginnt mit deiner Stimme“ erinnerte an diejenigen, die sich 1969 in New York gegen willkürliche Polizei-Razzien in Homosexuellen-Bars zur Wehr gesetzt hatten. Direkt Berlin betreffend forderte der CSD die Schaffung eines Kultur- und Wohnzentrums für Lesben sowie ein „Diversity Management“ für queere Mitarbeiter in der Verwaltung und in kommunalen Unternehmen.

Im Rahmen der „Pride Weeks“ der Lesben- und Schwulenbewegung gab es auch ruhigere Veranstaltungen. So hatte die Allgemeine Homosexuelle Arbeitsgemeinschaft (AHA) am 23. Juli zu einer Feier-, Mahn- und Gedenkstunde am Nollendorfplatz eingeladen. Es war eine Rückbesinnung auf 30 Jahre Gedenktafel „Rosa Winkel“ am Südausgang des U-Bahnhofsgebäudes.

1989 wurde die dreieckige Tafel aus rotem Granit angebracht. Den „Rosa Winkel“ symbolisierend und mit dem Text versehen „Totgeschlagen – totgeschwiegen. Den homosexuellen Opfern des Nationalsozialismus“ erinnert sie an die von den Nazis verfolgten Homosexuellen. In den Konzentrationslagern mussten Schwule auf ihre Häftlingskleidung diesen rosa Winkel aufnähen.

Es war das erste öffentliche Gedenken an diese Opfergruppe überhaupt. Vier Jahre später wurde die Gedenktafel um eine Bronzetafel mit einer geschichtlichen Erläuterung ergänzt. Der Homosexuellen-Paragraph 175 im Strafgesetzbuch existierte noch. Tempelhof-Schönebergs Bürgermeisterin Angelika Schöttler (SPD) sagte in ihrer Ansprache, es mussten mutige Wege beschritten werden. Sie dankte AHA und HuK (ökumenische Arbeitsgruppe „Homosexualität und Kirche“), die durch ihre Initiative und Hartnäckigkeit das Anbringen der Tafel ermöglicht hätten. Angelika Schöttler: „Wir sind es den homosexuellen Opfern des Nationalsozialismus, ebenso wie den anderen Opfergruppen schuldig, an ihr schreckliches Leid während der NS-Zeit zu erinnern.“

Das Gedenken habe einen aktuellen Bezug, so die Veranstalter der Feierstunde. In Zeiten des wieder lauter werdenden Rechtsradikalismus sei der Rosa Winkel Mahnung für Toleranz, Offenheit und Vielfalt. Angelika Schöttler bekräftigte: „Den Kampf um Akzeptanz kämpfen wir Seite an Seite und mit vielen gemeinsamen Veranstaltungen und Aktivitäten.“ Die Bürgermeisterin der nach ihren Angaben größten queeren Community in Europa ist auf einem der CSD-Wagen mitgefahren und hat vielleicht auch den diesjährigen deutschen CSD-Song „Your Voice“ mitgesummt. Stefan Kuschner vom Berliner CSD-Vorstand und der Komponist und Texter Matthias Köninger hatten ihn während der Gedenkfeier vorgestellt.

Eine Million Menschen feierten den Christopher Street Day. | Foto: KEN
Gaby Tupper von AHA am Rosa Winkel. Die Allgemeine Homosexuelle Arbeitsgemeinschaft hat die Gedenkfeier initiiert und organisiert. | Foto: Claudia Christine Schmidt
Autor:

Karen Noetzel aus Schöneberg

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