Fahrrad-Demo zu acht "Orten der Verdrängung"
"Wir wollen in einem bunt gemischten Stadtteil wohnen und gemeinsam unseren Lebensraum gestalten. Wir wollen keine Monokultur und keine Lifestyle-Yuppie-Welt à la Prenzlauer Berg. Wir wollen keine betonierten, gelenkten Freizeitparks", so die Forderungen der Demonstranten zum Auftakt am Kaiser-Wilhelm-Platz. Wohnraum müsse als ein Grundbedürfnis für alle angesehen werden.
Im Meistbieterverfahren an Investoren versteigerte Häuser in öffentlichem Besitz, die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen, Mieterhöhung durch Luxussanierung oder energetische Sanierung waren die Schlagwörter der von der Initiative "Kiezpalaver" organisierten Demonstration. Die vom Bezirk erlassene Milieuschutzverordnung reiche nicht, fügte Regine Wosnitza von der IG Potsdamer Straße hinzu.
Stationen des Protestzugs waren umstrittene Projekte. So soll zum Beispiel das technisch schwierig zu bebauende Grundstück an der Kreuzung Hauptstraße und Willmanndamm bebaut werden. Zunächst war ein Hotel geplant, nun soll es ein Studentenwohnheim mit einer Nettokaltmiete von 6,50 Euro je Quadratmeter sein. Dafür haben neben 50 Bäumen zwei beliebte Stadtteil-Lokale zu weichen.
In der Gleditschstraße 49-69 wird saniert. Die zwischen 1958 und 1960 errichteten Häusern sollen aufgestockt, ihre Fassaden gedämmt werden. Der Einbau von Aufzügen ist geplant. Die 117 Mietparteien mit rund 300 Menschen, von denen die meisten schon seit Jahrzehnten hier leben, fürchten Mietsteigerungen von bis zu 50 Prozent.
Solche Mieterhöhungen nach einer Wärmedämmung haben Mieter in einem Haus an der Potsdamer und Goebenstraße bereits erhalten - eine weitere Station der Demo. In der Katzler- und Großgörschenstraße will die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben fünf Häuser im Höchstbieterverfahren veräußern. Zuletzt wurden neun Millionen Euro geboten. Auch hier drohe eine Mietkostenexplosion, so die Demonstranten.
Am Winterfeldtplatz informierte eine Initiative aus Anwohnern über die Situation des Puppentheaters Hans Wurst Nachfahren. 1991 hatte der Senat für umgerechnet 1,25 Millionen Euro das Gebäude für das Figurentheater umbauen lassen. Der damalige private Eigentümer verpflichtete sich im Gegenzug, die Räume mindestens 20 Jahre kulturell zu nutzen. Die Bindung ist abgelaufen. Das Haus ist verkauft. Dem Theater wurde zum Jahresende gekündigt. "Normaler Gewerberaum" soll hier wieder entstehen, finanziert von der öffentlichen Hand. Die Initiative kämpft für einen Verbleib des Puppentheaters.
Die zweistündige Fahrrad-Demo endete nach Bautzener Straße und Bautzener Brache in der Crellestraße, wo für neue Häuser alte Bäume gefällt.werden
Autor:Karen Noetzel aus Schöneberg |
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