Bürgerausstellung verdeulicht Ärger im Rotlichtmilieu
Auf Bildwänden hatten sich 30 Einwohner und Gewerbetreibende zum Thema geäußert. Die durchgehende Meinung: "Früher war alles viel besser." Und damit meinten die Anwohner nicht nur die Zeit, als die Prostitution in den Nischen der Berliner Mauer noch ein lauschiges Plätzchen fand. Gemeint ist auch die Zeit, bevor Frauen und Mädchen aus Osteuropa die Gegend eroberten. In der Diskussion brachten Einwohner ihren Unmut über die Straßenprostitution zum Ausdruck. Vor allem beschwerte sie sich über den Lärm und die Schmutz auf den Straßen. Sie forderten, dass Polizei und Ordnungsamt mehr gegen den Straßenstrich tun müssen. Die Anwohner unterbreiteten Vorschläge wie die Einrichtung von Einbahnstraßen, Schaffung von Sackgassen und freie Fahrt für Anwohner. Da die Prostitution inzwischen als Gewerbe anerkannt ist, forderten einige Anwohner auch eine Gewerbeerlaubnis wie bei Straßenhändlern, die eine bestimmte Straße festlegt. "Die Prostitution ist ein Problem der ganzen Stadt und nicht nur von Schöneberg", sagte Gesundheitsstadträtin Dr. Sybill Klotz (B 90/Grüne). Sie betonte, dass Schöneberg kein Problemkiez sei, "sondern viele Menschen leben gern hier - auch wenn es im Moment Probleme gibt." Die Ausstellung soll nach Meinung der Bezirkspolitik der Anfang für eine neue Diskussion im Quartier sein. Klotz sieht aber auch, dass die Situation im Moment "die sozialen und kulturellen Einrichtungen sowie die Gewerbebetriebe sehr belastet." Die Politik müsse Zeichen setzen, es dürfe in der Diskussion keine Tabus geben. In einem Grußwort hatte der Bürgermeister von Mitte, Christian Hanke (SPD) darauf verwiesen, dass "dieses Thema beide Bezirke seit langem beschäftigt", vor allem weil "die Prostitution immer noch mit Kriminalität gemischt ist". Hanke verwies kritisch darauf, dass zwar seit 2002 die Prostitution legal ist, aber es "immer noch keine Aussagen zur Krankenversicherung oder Sozialversicherung gibt." Die Politik befinde sich "am Anfang eines langen Weges zur gesetzlichen Klarstellung im Gewerberecht." Hanke will den Forderungen nach ständigen Kontrollen nicht nachkommen. Er will keine Diskriminierung aber eine bessere Zusammenarbeit zwischen beiden Bezirken.
Sybill Klotz verwies darauf, dass die Prostitution eine 100-jährige Tradition im Kiez hat. Früher habe man sich aber arrangiert, was heute nicht mehr der Fall ist. Das Bezirksamt will eine Konzeption erarbeiten und setzt auf die Zusammenarbeit im Quartiersmanagement und mit den Sozialarbeitern. "Unser Ziel ist es nicht, die Prostitution zu vertreiben", versichert Sybill Klotz. Man müsse aber bestimmte Regeln sowohl für die Prostituierten als auch für die Freier aufstellen.
Die Ausstellung soll auch in anderen Bezirken zu sehen sein. Beispielsweise wird sie am 1. September bei der "Pohl-Position" im angrenzenden Kiez gezeigt.
Autor:Klaus Teßmann aus Prenzlauer Berg |
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