Ferruccio Busoni und Billy Wilder lebten am Viktoria-Luise-Platz

An dem unscheinbaren Nachkriegsbau erinnern zwei Marmortafeln an die berühmten Bewohner. | Foto: KEN
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Schöneberg. Nichts erinnerte mehr an die illustren Bewohner, wären da nicht die beiden Marmortafeln. Wo an der Stelle des kriegszerstörten Wohnhauses ein schlichter Bau steht, lebten und wirkten ein berühmter Pianist und Komponist und ein später weltberühmter Filmregisseur.

Beinahe hätten sie sich im Treppenhaus "Guten Tag" sagen können. Nur drei Jahre lagen zwischen ihnen. In Haus Nummer 11 am Viktoria-Luise-Platz lebte bis zu seinem Tod 1924 der Klaviervirtuose und Komponist Ferruccio Benvenuto Busoni und von 1927 bis 1928 der Filmregisseur Billy Wilder.

Busoni galt als größter Pianist seiner Zeit. Mit seinen Kompositionen jedoch kam der 1866 in der Toskana geborene Tonkünstler bedauerlicherweise nicht gegen den damals herrschenden Zeitgeschmack an, der für Mascagni, Leoncavallo, Strauss und Mahler schwärmte.

1894 hatte der Sohn von Anna Weiß, einer Pianistin deutsch-italienischer Herkunft aus dem damals österreichischen Triest, und Ferdinando Busoni, eines italienischen Klarinetten-Virtuosen mit Garibaldi-Bart, in Berlin festen Wohnsitz genommen. Zwar musste Ferruccio Busoni während des Ersten Weltkrieges als italienischer Staatsbürger und somit "feindlicher Ausländer" im neutralen Zürich Zuflucht suchen. Doch 1919 kehrte er an die Spree zurück. Er lehrte an der Preußischen Akademie der Künste. Kurt Weill und Leo Kestenberg gehörten zu seinen Schülern.

Der Viktoria-Luise-Platz 11 war Busonis letzte Wohnung in Berlin. Sie lag im fünften Stock und barg eine große Bibliothek mit 5000 Büchern. Ein eigens installierter Aufzug führte hinab zu einer Trinkstube im Parterre. Dort frönte er gern dem Wein, dessen Genuss ihm schließlich zum Verhängnis wurde. Er starb mit 58 Jahren, durch Inflation und Geldverschwendung verarmt, am 27. Juli 1924. Die Gedenktafel ließ die Dante Alighieri Gesellschaft anlässlich des 100. Geburtstags des Künstlers anbringen. Busoni ruht auf dem Friedhof Friedenau.

Billy Wilder (1906 bis 2002) wohnte nicht so nobel: zur Untermiete im dritten Stock bei der Familie York-Schulz. In einem "winzigen Zimmerchen mit düsterer Tapete. Wand an Wand mit einer ständig rauschenden Toilette", erinnerte er sich später. In den anderthalb Jahren am Viktoria-Luise-Platz aber begann die Filmkarriere des Reporters, der damals noch Samuel Wilder hieß.

"Als nämlich eines Nachts Herr Galitzenstein, Direktor der Maxim-Film, in Unterhosen in Wilders Zimmer stand, weil er aus dem Schlafzimmer der Nachbarin die Flucht ergreifen musste und darum gar nicht anders konnte, als Billy Wilders erstes Drehbuch zu kaufen," schreibt 1994 Hellmuth Karasek in seiner Wilder-Biographie. Die Tafel hat Wilders Freund Willy Egger 1993 anbringen lassen. Der berühmte Regisseur selbst war bei der Enthüllung dabei, als er in Berlin die Filmfestspiele besuchte. Etwa 2005 wurde das Todesdatum hinzugefügt.

Karen Noetzel / KEN
Autor:

Karen Noetzel aus Schöneberg

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